Rezension

Sicherheit für die Gesellschaft oder Freiheit des Einzelnen?

Die Markierung -

Die Markierung
von Frida Isberg

Bewertet mit 4 Sternen

Die Markierung von Fríða Ísberg beschäftigt sich damit, wie eine Gesellschaft reagiert, bei der das Erlangen von Wohnung, Arbeitsplatz und Status davon abhängt, ob man einen Empathietest besteht. Die Protagonisten sind so gewählt, dass verschiedenste Aspekte dieser Entscheidung beleuchtet werden: Die junge Lehrerin Vetur, der die Markierung und das Arbeiten in einem markierten Viertel gefühlte Sicherheit bietet, der Psychologe Óli (Ólafur Tandri), der die Seite der Empathietest-Befürworter auch politisch vertritt, seine Frau, die Psychologin Sólveig, die dem Empathietest kritisch gegenüber steht, der Schulabbrecher Tristan, der den Test ablehnt, weil er damit das Gefühl hat, seinen Bruder zu verraten, seine Mutter Alexandria, die befürchtet, bei einer Testwiederholung durchzufallen und damit Wohnung und Status zu verlieren, deren Familie durch den Test aber auch zunächst zerbrach, und die doch fast schon psychopathische  Geschaftsfrau Eyja, die ihren Job gut macht, aber mit Empathie nichts am Hut hat - bis sie sich darum kümmern muss.

Aber ist eine Gesellschaft automatisch gut und glücklich, wenn alle nach bestandenem Empathietest zusammenleben? Oder führt das Ausgrenzen derjenigen, die nicht ins gewünschte Raster passen, zu noch mehr Spannungen? Dazu sollte man sich beim Lesen des Romans ein eigenes Bild machen (Überraschungen nicht ausgeschlossen), die Autorin liefert reichlich Momentaufnahmen, die verschiedenste Aspekte der Diskussion beleuchten.

Danke, dass ihr hier in der Leserunde mitlesen durfte!