Rezension

Sieben Leichen. Sieben historische Stätten. Sieben Wendepunkte in der Geschichte Istanbuls.

Die Gärten von Istanbul - Ahmet Ümit

Die Gärten von Istanbul
von Ahmet Ümit

Bewertet mit 5 Sternen

  Alles eitel Sonnenschein in der Türkei? Ahmet Ümit blickt hinter die Kulissen. Die Morde am Bosporus. An der Atatürk-Statue wird eine Leiche gefunden, kurz darauf eine zweite. Wieder an einem von Istanbuls Wahrzeichen. Die Serie reißt nicht ab, in dieser Stadt nehmen die Morde kein Ende. Und die Wunden am Hals der Mordopfer stammen nicht von einem Skalpell, der Mörder hatte seine Opfer regelrecht enthaupted mit einem scharfen Messer. Nevzat, Oberinspektor des Morddezernats, der Icherzähler des in der Gegenwart verfassten Romans, ist der Meinung Mordfallermittlungen gleichen der Geschichtswissenschaft. Mit der ihm eigenen Bedächtigkeit irrt Nevzat durch das Labyrinth des modernen Istanbul, unter der prallen Sonne - und dem Schatten der Vergangenheit.  Kein einfaches Unterfangen in der Millionenstadt Istanbul. Sieben Tote an sieben historischen Stätten - und nur ein einziger Faden scheint die Fälle miteinander zu verbinden: die jahrtausendealte Geschichte einer der geheimnisvollsten und faszinierendsten Städte der Welt - Byzantion, König Byzas' legendäre Stadt; Istanbul Stadt der geraubten Hoffnungen - das Kaleidoskop einer zerrissenen Gesellschaft. Ahmet Ümits packender Krimi erzählt von Liebe und Verrat, von Licht und Schatten der menschlichen Seele - in Geschichte und Gegenwart. Es geht um Brennpunkte der heutigen Türkei. Der spannende Thriller führt durch ein kosmopolitisches Istanbul und in die jüngste Geschichte des türkischen Staates. Dabei verknüpft Ümit geschickt die Charakterstudie eines Polizisten mit der Kritik an der Polizei. Darüber vergisst der Erzähler jedoch keineswegs die kleinen Dinge des Alltags und die großen Geschichten des Lebens. Die Charaktere und insbesondere der Protagonist, sind sehr gut gezeichnet und absolut nicht klischeehaft dargestellt. Das Ende verblüfft selbst hartgesottene Krimileser. Mit Charme und Ironie erzählt der Autor eine reizvolle, geschickt verwobene Kriminalgeschichte mit überaus lebensnahen Figuren. "Die Gärten von Istanbul" ist ein Krimi, ein Geschichtsbuch, und ein Reiseführer durch Istanbul. Sprachlich und stilistisch hat Ümit eine sehr gute Leistung abgegeben; auch die Übersetzung ist sehr gut gelungen. Unbedingt lesenswert und man kann so schön gedanklich durch Istanbuls Straßen streifen! Neben der Erzählung wird dem Leser ein Einblick in die türkische Metropole Istanbul gewährt, mit allen seinen Schönen und gräulichen Seiten.  Nach der Lektüre versteht man den anderen Kulturkreis etwas besser und hat ein Paar vegnügliche Stunden verbracht. Es ist ein wirklich großartiger Roman den man sich keinesfalls entgehen lassen sollte. Auch, oder gerade weil, türkische Literatur im deutschsprachigen Raum nicht sehr bekannt ist, es macht einfach Lust auf mehr. Man greift nicht zu hoch, wenn man Ahmet Ümit als türkischen Georges Simeon bezeichnet. Er ist der Grandseigneur des türkischen Krimis.