Rezension

Simon Beckett kann es besser!

Totenfang - Simon Beckett

Totenfang
von Simon Beckett

Bewertet mit 2 Sternen

Leo Villiers wird seit Tagen vermisst. Er ist wie vom Erdboden verschwunden und das in einer Gegend, in der doch jeder jeden kennt. Als dann in einer Flussmündung eine männliche Leiche angespült wird, scheint es fast so, als sei Leo gefunden worden. Dr. David Hunter bekommt schnell das Gefühl, dass er eigentlich nicht wirklich um seine Meinung gebeten wird, sondern einfach nur in das Ödland zitiert wurde, um irgendwelche Pflichten zu erfüllen. Als er Zweifel an der Identität des Opfers äußert, wird vor allem vom Vater des vermeintlichen Opfers brüsk zurückgewiesen. Doch dann schwemmt der Fluss ein weiteres Geheimnis heran. Ein Fuss wird abgespült und nun ist die Frage: wo ist der Rest zu dem Fuß?

David Hunter is back! Einige Jahre sind ins Land gegangen, seit der vierte Teil die Leserschaft in Atem gehalten hat. Dann war es lange Zeit ruhig um den Anthropologen. Umso größer war die Freude der Fans, als Beckett ganz überraschend endlich mit Teil 5 um die Ecke kam. Ein neuer Fall, ein neuer Toter… endlich!!!

Die Story beginnt auch sehr vielversprechend. Ziemlich schnell kommt Beckett auf den Punkt und stürzt den Leser ohne großes Bla Bla direkt hinein in seine Geschichte. Ehrlich gesagt ging mir das sogar etwas zu schnell, denn die Ereignisse überstürzen sich zu Beginn. Das kann schnell verwirrend sein. Wenn man dann aber in die Beziehungsgeflechte hinein gefunden hat, kommt die Hoffnung auf einen atemberaubenden Thriller schnell auf.

David Hunter selbst war immerhin wiederzuerkennen. Der etwas düstere Wissenschaftler, der durch einen Angriff noch etwas ernster wurde, stürzt sich mit Haut und Haar in seine Fälle und auch dieses Mal ist es vor allem einem Biss und Eifer zu verdanken, dass das Buch nicht nach 80 Seiten schon vorbei ist. Die gefundene Leiche soll all zu schnell als Leo Villiers abgestempelt werden, auch wenn eine zweifelsfreie Identifizierung noch gar nicht erfolgt ist. Und er ahnt auch, dass irgendjemand ein Interesse daran hat, dass die Sache auch nicht aufgeklärt wird.

Simon Beckett schubst seinen Protagonisten ja immer gerne in ein grenzwertiges Setting. In Band 2 der Reihe saß Hunter auf einer abgelegenen Insel fest, auf der der Sturm des Jahrhunderts tobte und auch jetzt wieder ist die Umgebung wahrlich keine durchschnittliche. Die Backwaters sind ein unwirtliches Flussland, in dem sie Grenzen zwischen Wasser und Land von Stunde zu Stunde variieren. Wo vor einer halben Stunde noch eine befestigte Straße war, läuft kurz darauf genau dort der Fluss entlang. Für einen freilaufenden Mörder der perfekte Ort, um seine Spuren zu verwischen…

Wenn man es von der einen Seite betrachtet, dann trägt die Umgebung schon zur Stimmung bei. Das Wetter ist unberechenbar, genauso wie es auch der Handlungsverlauf ist. Es stürmt, es regnet, es wird schlagartig dunkel. Natürlich bleibt das nicht ohne Auswirkung auf die ganze Atmosphäre. Aber wie schon bei Band 2 der Reihe war es mir einfach zu viel. Beckett ergeht sich in seitenlangen Landschaftsbeschreibungen und Wetterberichten. Das allein hat schon gereicht, um die Handlung zu ziehen wie Kaugummi.

Aber auch der Fall an sich hilft dem nicht ab. An sich versteckt sich dahinter eine ganz gute Idee, nicht weltbewegend, aber in Ordnung. Allerdings hapert es auch hier an der Ausführung. Über weite Teile des Buches spielten die angeschwemmten Leichen(-teile) kaum bis gar keine Rolle. Es passiert einfach nichts. Wenn man es mal mit deutlichen Worten sagen will: es waren sterbenslangweilig!! Als die Geschichte dann auf ihr Ende zusteuert und eigentlich das große Finale kommen müsste, da bäumt sich die Story nicht nochmal kraftvoll auf, sondern auch das Ende plätschert so lustlos vor sich hin.

An manchen Stellen habe ich mich durch David Hunter übrigens an Robert Langdon erinnert gefühlt. Ihr kennt den Wissenschaftler, der aus Illuminati und Sakrileg bekannt ist? Der hat in jedem neuen Buch eine neue Perle an seiner Seite. Und nun scheint auch David Hunter in jedem Hafen eine neue große Liebe zu haben. Wenn diese kleine Romanze der Story wenigstens einen Mehrwert gegeben hätte, dann bitteschön… soll es eben so sein. Aber von Kribbeln und Schmetterlingen war da auch keine Spur.

Mit dem fünften Teil der David Hunter-Reihe kommt Simon Beckett nicht einmal annähernd an die Vorgängerbücher heran. Bereits Teil 4 musste damals viel Kritik einstecken, wobei ich das Buch noch recht gut fand. Aber der aktuellste Teil hat die Kritik, die momentan auf das Buch einprasselt, meiner Meinung nach verdient. Beckett zeigt hier nicht einmal ansatzweise, dass er doch eigentlich ein brillianter Schriftsteller ist und es wirklich besser kann.

 

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