Rezension

Sind wir noch zu retten?

Endlich! Der neue Hirschhausen -

Endlich! Der neue Hirschhausen
von Eckart von Hirschhausen

Bewertet mit 5 Sternen

Wenn ich heute so auf der Couch sitze, bei 34 Grad Außentemperatur, mit dem Deckenventilator auf Dauerbetrieb und dem Gefühl, aller 2 Stunden duschen gehen zu müssen, dann denke ich: Der Eckart hat schon irgendwie recht. Es wird heiß in Deutschland. Und da das heute schon der 5. Tag über 30 Grad ist, mitten im Juni und der Sommer noch nicht mal richtig angefangen hat, wird mir etwas bange. Wenn ich jetzt schon schwitze und über die Temperaturen stöhne – wie soll das dann in 10 oder 20 oder gar 30 Jahren sein, wenn solche Temperaturen nicht mehr die Ausnahme, sondern die Regel sind?

 

In Eckart von Hirschhausens „Mensch, Erde!“ hatte ich viele Aha-Erlebnisse. Er ist ja bekannt dafür, schwierige wissenschaftliche Zusammenhänge auf nachvollziehbare und unterhaltsame Art rüberbringen zu können – und das schafft er auch diesmal bei dem komplexen Thema des Klimawandels und seiner (möglichen) Folgen. Um wie viel mehr es dabei geht, als nur um die Temperaturanzeige, das wird klar, wenn man die Kapitel sieht, mit denen Eckart sich beschäftigt. Da geht es um nachhaltige Kleidung, um den Umstieg auf erneuerbare Energien, um Ernährung und Landwirtschaft, um das Artensterben, um SUVs und Klimaanlagen, aber auch – wie bei ihm nicht anders zu erwarten – um Allergien, Volkskrankheiten und seelische Gesundheit. Alles hängt mit allem zusammen und nur eins ist klar: wenn wir so weitermachen wie in den letzten 50 Jahren, sind wir die letzte Generation, die noch was hat von dieser Erde. Für alle folgenden Generationen würde es ein Kampf, den Planeten bewohnbar zu halten. Und dabei nicht nur zu existieren, sondern wirklich leben zu können.

 

Ein Wort, was ich vorher noch nicht kannte, aber was seit diesem Buch eine echte Alarmglocke in mir klingeln lässt ist „Kipppunkt“. Der Kipppunkt ist der Moment, von dem an eine Entwicklung irreversibel ist. Und was das Leben auf unserem Planeten betrifft, gibt es inzwischen einige Kippunkte, auf die wir mit Vollgas zusteuern. Oder die wir, wie einige Berechnungen zeigen, vielleicht sogar schon erreicht, wenn nicht gar überschritten haben. Auf deutsch gesagt: es ist nicht 5 vor 12 – es ist schon 10 nach. Aber – und das schafft Eckart genauso darzustellen: auch am Nachmittag kann man noch was reißen! Wenn wir jetzt starten, können wir die wichtigsten Faktoren noch günstig beeinflussen.

 

Und deshalb finde ich dieses Buch immens wichtig, damit jeder einen Überblick bekommt, wo wir stehen. Und dass es nicht mehr darum geht, wer das exotischste Ziel für den nächsten Urlaub hat. Sondern ob wir demnächst überhaupt noch eine Heimat haben werden oder ob mehr und mehr Landstriche unbewohnbar werden – durch Naturkatastrophen, den ansteigenden Meeresspiegel oder die „neue“ Temperaturskala. Mich hat eine Grafik entsetzt, die im Buch abgebildet war und die zeigt, welchen Städten das Klima unserer jetzigen europäischen Städte im Jahr 2050 ähneln wird. Bei München steht da Mailand, bei Paris Istanbul und bei Stockholm Budapest. Bei allem Verständnis für die Sehnsucht nach dem Urlaub am Mittelmeer – aber DAS kann nicht gesund sein!!!

 

Das Buch enthält viele Ansätze, wie versucht werden könnte, der Klimakrise entgegenzuwirken. Wie es zum Teil (im Kleinen) schon versucht wird. Und was jeder Einzelne tun kann, um seinen Beitrag zu leisten. Das sind gar keine riesigen Opfer, die hier gebracht werden müssen. Viele Kleinigkeiten, von vielen Menschen mitgetragen, bewirken da vielleicht mehr als ein politisch angestoßenes Ver- oder Gebot.

 

Und deshalb kann ich nur an jeden appellieren: lest dieses Buch. Werdet euch bewusst, was wir dem Planeten gerade antun. Und dann überlegt euch, wie ihr mit euren Mitteln ein wenig mithelfen könnt, um gegenzusteuern. Mutter Erde wird es euch danken.