Rezension

Sind wir wirklich unbeschrieben Blätter wenn wir auf die Welt kommen?

Andersen - Charles Lewinsky

Andersen
von Charles Lewinsky

Bewertet mit 3 Sternen

Die Geschichte

Ich bin erwacht. Es ist dunkel. Ich kann mich nicht bewegen. Wo bin ich? Ist es möglich das ich gefangen wurde? Haben sie mich jetzt doch noch erwischt, so kurz vor dem Neuanfang? Hat mich zwielichtige Vergangenheit eingeholt? An was kann ich mich noch erinnern? An alles, oder sagen wir mal, an fast alles. Bis zu dem Punkt wo sie einfach abreissen, die Erinnerungen. Leere, nichts, ich weiss nicht mal das ich gefangen wurde. Es muss wirklich sehr schnell gegangen sein, aus dem Hinterhalt müssen sie mich geschnappt haben. 

Immer mehr komme ich im Hier an. Es ist zwar immer noch dunkel, aber ich kann Stimmen hören. Nach wieder einer ganzen Weile kann ich meine Gliedmassen ein bisschen bewegen. Lassen sie mich Aufwachen? Gehört das zu ihrem Spiel? Ich kenne das, ich hab das so oft gemacht… Es ist grausam. 

Doch es ist ganz anders!! Aber es kann nicht sein! Nein, ich bilde mir das ein!! Aber es ist die einzige Möglichkeit…!! ich werde wiedergeborene…. 

Und so beginnt die Geschichte

Dunkel. Nichts das kalte, fugenlose Dunkel einer Zelle. Eine warme Dunkelheit. Ich weiss nicht, wo ich bin. 

Seite 11

 

Meine Gedanken zu der Geschichte

Wie schon oben erwähnt kannte ich den Autor. Von daher hatte ich auch nicht wahnsinnig Grosse Erwartungen. Dennoch fand ich das Thema, welches Herr Lewinsky da aussucht hat sehr spannend. Und ich war neugierig wie er es schaffen würde es umzusetzen. Ja, jetzt habe ich es gelesen und ich bin hin und hergerissen. Warum, das verrate ich euch gleich aber erst mal zum Cover. Es hat mich nämlich damals irgendwie irritiert. Ich erkannte erst gar nicht was es war, aber nach dem 4. oder 5. mal genauer angucken hab ich es dann endlich geschnallt was ich so komisch verwirrt hat. Auf dem Bild sieht man einen kleinen Jungen, etwa 5 Jahre, er trägt, Hemd, Krawatte und Sakko welches er grade im Begriff ist zu schliessen. Also eigentlich nichts eigenartiges. Tja, bis man die Hände genauer betrachtet, diese sind nämlich die eines Erwachsenen. Und doch passt es zur Geschichte. Denn der kleine Junge ist schon alt! Andersen steckt nur in einem Kinderköper. Er wurde nämlich wiedergeborene und er kann sich an alles erinnern. 

Der Schreibstil von Charles Lewinsky Ansicht und im gross und ganzen angenehm zu lesen. Kein Schnickschnack, erwachsen, sachlich, trocken, und steril. So wie es eben zu Andersen passt. Einerseits ist die Geschichte mit viel Humor gespickt, aber dann wieder, wenn Andersen von seiner Arbeit als Folterknecht berichtet, finde ich echt krass. Er Lewinsky schreibt doch ziemlich detailgetreu, also detailgetreu genug um mich zu schockieren, mich an eine Grenze zubringen. Und so zur Erkenntnis das dieses Buch sicher nicht für jeden gemacht ist. 

Das Buch ist in 5 Teile aufgeteilt. Es startet mit der Sicht von Andersen, und dann aus der Sicht des Vaters. Und so wechselt sich das ab. Während die Geschichte aus der Sicht von Andersen wirklich auch viel Humor hat, gibt es doch immer wieder die Erzählungen aus seiner Zeit als Folterknecht und die Stimmung wird schlagartig düster und doch sehr beklemmend. Dann die Sicht des Vaters ist einfach süss. Es ist in vieler Hinsicht so anders und leichter und fröhlicher als die von Andersen. 

Ich finde die Geschichte, die Idee der Seelenwanderung wirklich spannend. Und was passiert wenn man nicht vergessen hat was im vergangenen Leben stattgefunden hat. Es regt doch auch zum nachdenken an. Wenn man sich nämlich mal auf dieses Gedankenspiel eingeht, also wir annehmen das es Reinkarnation gibt, wollen wir dann wissen was wir waren, was wir gelernt haben, um es nicht noch einmal lernen zu müssen oder den Vorsprung für uns Nutzen können. Im ersten Moment würden wir wohl sagen ja, sicher, noch mal bei Null anfangen hat irgendwann keinen Sinn. Warum dann die Wiedergeburt wenn wir alles vergessen? Aber wir wüssten eben dann auch was wir falsch gemacht haben, was wir anderen alles angetan haben. All der Schmerz, die Angst, Trauer und alles was sonst noch ein Leben ausmacht, würden in Erinnerung bleiben und wollen wir dass dann wirklich? 

Die Geschichte hat aber noch sehr viel andere Seiten, worüber man sich Gedanken machen könnte und ich auch gemacht habe. 

Für mich war die Geschichte nicht ganz perfekt. Aus mehreren Gründen. Zum Teil wars für mich einfach manchmal zu brutal, das hätte in meinen Augen nicht sein müssen. Nicht mal bildlich aber wer eine gute Fantasy hat und visuell sehr begabt ist wie ich, wars manchmal echt heftig und ich musste erst mal durchatmen. Zwischendurch hatte es für mich einen Hänger, der aber nicht so tragisch war das ich das Buch jetzt weg gelegt hätte. 

Prota- und Antagonisten & Co

Das mag jetzt mega komisch finden, aber trotz allem ist mit Andersen sehr sympathisch. Warum? Wer kann einen Folterknecht schon sympathisch finden?! Ja, das hab ich mich aus so oft gefragt. Und ehrlich, ich kann mir nur denken das es der verdienst des Autors ist, denn er verleiht dem Protagonisten dennoch menschliche Züge. Er hat wünsche, gar Träume. Ach, ich merkt ich bin wirklich hin und her gerisssen. Nicht nur was die Geschichte angeht, sondern auch den Protagonisten gegenüber. 

Dann der Vater, er erzählt ab Geburt an über ihn. Na ja nicht über Andersen, sondern über Jonas, das vermeintlich unschldige neugeborene Kind. Über seine Fortschritte, seine Macken, Begabungen und so weiter. Aber auch über die Sorgen und Gedanken die er sich und seine Frau, machen, weil Jonas so ganz anders ist als andere Kinder ins einem Alter. 

Fazit

Eine spannende und philosophische Geschichte, welche nicht nur unterhält sondern auch zum nachdenken anregt. Wer gerne schräge Protagonisten mag, auch nicht ganz alltägliche Geschichten und nicht zu zart beseitet sind, dem lege ich das Buch dennoch ans Herz.