Rezension

Sisyphos oder von der Unausweichlichkeit des Scheiterns

Skandinavisches Viertel - Torsten Schulz

Skandinavisches Viertel
von Torsten Schulz

Bewertet mit 3.5 Sternen

Matthias Weber, wir begleiten ihn als Leser durch seine Kindheit bis ins Erwachsenenalter, von Ostberlin durch die Welt zurück nach Ostberlin, in den Kiez seiner Kindheit. Aus dem phantasiebegabten Kind, das im skandinavischen Viertel für sich jene Straßen umbenennt, die keine passenden Namen haben, und Grenzer zu verwirren trachtet, wird als Erwachsener ein Makler, der rein in seinem Viertel tätig ist und dort die Wohnungen nicht jedem anvertrauen will. Der Wechsel in den jeweiligen Kapiteln ist gut nachzuvollziehen, dabei wirft die Familiengeschichte lange viele Fragen auf.

Köstlich die Anekdoten zu Beginn, wie der Makler die „Maden“ täuscht und schließlich abblitzen lässt, anderen aber zu ihrem Glück verhilft. Im Gegensatz dazu stehen die Kapitel aus dem Leben des Jungen Matthias, dessen familiärer Hintergrund wohl die Entwicklung seiner Beziehungen bedingt. „Und er spürt wieder diese Erstarrung, die ihn besser schützt als alles andere.“ S. 194 Dazu Einblicke in die Realität der späten DDR, Abiturzulassung, Denkverbote – davon hätte ich mehr gewünscht, zu weit ist das für viele heute entfernt.

Schütteln möchte man die Protagonisten dieses Buches, geradezu anschreien. Sie alle flüchten sich geradewegs in die Unausweichlichkeit des Scheiterns. Jeder hat sein Päckchen zu tragen, seine Defizite, seine Erinnerungen. Hoffnungslos? Nein. Autor Torsten Schulz schreibt das so liebevoll, so voller Verständnis dafür, wie wir uns wohl gelegentlich alle im Wege stehen. Dennoch hatte das Buch für mich einige Längen, gerade in der immer gleichen Wiederholung des Beziehungsschemas (man versteht das schon schneller), war mir der Beginn deutlich lieber als mittlere Teile der Handlung.

3,5 Sterne.