Rezension

Skurril und liebenswert mit Abstrichen

Das Leben nach Boo - Neil Smith

Das Leben nach Boo
von Neil Smith

Bewertet mit 3.5 Sternen

Eben stand Oliver „Boo“ Dalrymple noch vor seinem Schulspind und war mächtig stolz zum ersten mal alle Elemente des Periodensystems auswendig aufgesagt zu haben. Doch plötzlich findet er sich im Wiedergeburtsraum eines seltsamen Jenseits wieder, in dem ausschließlich amerikanische 13-Jährige noch ein paar Jahrzehnte „Lebens“zeit nachholen dürfen. Oliver war der Meinung, er sei an seinem Herzfehler gestorben, doch als ein paar Wochen später einer seiner Schulkameraden im Jenseits auftaucht, wirft dieser ein ganz neues Licht auf Olivers Todesumstände.

Die Welt, die Smith entwirft ist interessant und schön schräg. Eine etwas angejahrte Stadt voller Jugendlicher, kein Fleisch, viele Fahrräder und diverse physikalische Besonderheiten machen diese Nachwelt aus. Auch die verschiedenen Annahmen, die die jungen Leute über ihr spezielles Jenseits anstellen sind witzig zu lesen. Wer aber für alles eine Erklärung braucht, ist hier nicht richtig. Man muss auch mal etwas so stehenlassen können, denn letztlich bleibt man als Leser so ahnungslos über das „Wie“ und „Warum“ wie die toten Teenager.

Liebenswerte und skurrile Charaktere machen viel vom Charme des Romans aus. Besonders Erzähle Oliver – eine Art Teenie-Sheldon – muss man einfach in Herz schließen. Als Naturwissenschaftsfreak, Intelligenzbestie und zwangsläufig Einzelgänger hatte Oliver es schwer, als er noch lebendig war. In der Nachwelt scheint er endlich ein paar treue Freunde zu finden.

Zwar hat Smith mit „Das Leben nach Boo“ ein ernstes Thema leicht und unterhaltsam umgesetzt. Es kratzt mir an vielen Stellen aber zu sehr an der Oberfläche. Mobbing oder Depression beispielsweise werden eher auf die leichte Schulter genommen. Manche Schlüsse, zu denen die „Himmelsbewohner“ gelangen, sind sehr sehr amerikanisch – um nicht zu sagen Alttestamentarisch. Und es werden für viele Dinge einfach keine vernünftigen Lösungen angeboten, wie ich es mir von einem Jugendbuch gewünscht hätte. Mehr Reflektion, mehr aussprechen statt andeuten. Dass es im Himmel oft nicht anders zugeht als auf der Erde fand ich zu simpel gedacht.

So bin ich letztlich ein wenig zwiegespalten. Es gab viele schöne Elemente, wie die Rückblicke ins „richtige“ Leben, Olivers trockenen Witz oder die skurrile Welt selbst. Der Roman ist trotz seiner verschiedenen schweren Themen leicht und unterhaltsam zu lesen und schafft es zu berühren. Mir blieb es aber an einigen Stellen zu sehr an der Oberfläche und es wurde mit fortschreitender Geschichte alles etwas diffus. Insgesamt also ein witziger wie zu Herzen gehender Jugendroman mit Abstrichen.

Kommentare

wandagreen kommentierte am 24. Mai 2020 um 18:10

Dann ist ja gut. Das lese ich auch noch.

katzenminze kommentierte am 24. Mai 2020 um 22:31

Da bin ich mal sehr gespannt auf deine Meinung!

Schokoloko28 kommentierte am 24. Mai 2020 um 21:45

Ich konnte mit diesem Buch leider nichts anfangen!

katzenminze kommentierte am 24. Mai 2020 um 22:37

Kann ich auch verstehen. ;) Ich hatte gar nicht so auf dem Schirm, dass es ein Jugendbuch ist. Aber zum Glück gabs einige Dinge die ich mochte.