Rezension

Skurril und überspitzt

Der Tag, als wir begannen, die Wahrheit zu sagen - Susan Juby

Der Tag, als wir begannen, die Wahrheit zu sagen
von Susan Juby

Bewertet mit 2.5 Sternen

Einige Worte zum Inhalt

Die drei Freunde Normandy, Dusk und Neil besuchen eine bekannte Kunstakademie, wo sie sich neben normalen Schulfächern vor allem ihrer individuellen Kunst widmen. Als sie nach den Sommerferien bemerken, dass sich eine ihrer Mitschülerinnen einer Brustvergrößerung unterzogen hat und nicht wissen, wie sie mit der Situation umgehen sollen, gründen sie die Wahrheitskommission. Das Ziel: Einmal pro Woche stellen Normandy, Dusk und Neil ausgewählten Personen eine peinliche, intime Frage. Doch bald müssen sie erkennen, dass nichts ohne Folgen bleibt.

Meine Meinung

Den Klappentext fand ich wirklich ansprechend, denn die Wahrheit ist eine sehr prekäre Angelegenheit und der Gedanke an eine Art Wahrheitskommission hat mich gereizt. Obendrauf kam dann noch das mädchenhafte und zugleich irgendwie markante Cover – und schon hielt ich das Buch in den Händen und konnte es nicht erwarten, mit dem Lesen zu beginnen. Ich hatte zuvor einige Rezensionen gelesen, die eher negativ ausfielen, doch da ich mich von Rezensionen in der Regel nicht beeinflussen lasse, bin ich unvoreingenommen an die Geschichte herangegangen. Leider aber musste ich den Rezensionen bereits nach einem Drittel des Buches zustimmen.

Das Buch überrascht mit einer außergewöhnlichen Erzählform: Normandy berichtet in einem Essay, das sie für einen Kurs anfertigen muss, von ihren Erlebnissen mit der Wahrheitskommission. Ich empfand die Perspektive als interessant und durchaus gute Idee, leider aber hat Frau Juby es mit den Fußnoten etwas übertrieben. Ganze 114 Fußnoten begleiten den Leser durch den Roman. Wären sie witzig oder informativ, so wie bei Jonathan Strouds Bartimäus, wäre das wunderbar – leider aber waren sie völlig redundant, haben den Lesefluss gestört und lustige Bemerkungen kamen hölzern und forciert rüber. Die Fußnoten werden im Falle dieses Buches also zu einem klaren Minuspunkt (und das, obwohl ich Fußnoten in Romanen normalerweise heiß und innig liebe).

“Ich tat, was jeder hochgradig verwirrte Mensch tun würde: Ich legte mich wieder ins Bett.” – S. 237

Mit den Charakteren bin ich leider nicht richtig warmgeworden, was vielleicht daran liegt, dass sie allesamt so exzentrisch sind, dass es einfach nicht möglich ist, sich mit ihnen zu identifizieren, wenn man nicht selbst ein durchgeknallter Kunstschüler ist. Normandy blieb für mich lange ohne Tiefe, was sich erst gegen Ende änderte, zu der makellosen Dusk konnte ich keine Beziehung aufbauen und Neil erschien mir ebenfalls recht farblos und stereotyp. Normandys egoistische, geheimnistuerische Schwester Keira ist eine Nummer für sich und hat mich grenzenlos aufgeregt. Auch Normandys Eltern konnten keine Sympathiepunkte sammeln, da sie so schwach und nicht einmal ansatzweise durchsetzungsfähig sind.

Das Setting ist Geschmackssache. Prinzipiell finde ich die Idee, eine Kunstschule zum Handlungsort zu machen, ganz lustig, allerdings hat Frau Juby es auch hierbei übertrieben: Es scheint, als gäbe es keinen normalen, durchschnittlichen Schüler an der Akademie. Jeder ist auf die eine oder andere Weise vollkommen Banane, was leider ein völlig überspitztes Bild formt. Ob ein Demonstrationslauf in Unterwäsche oder Mädchen, die in Tutu, Schläppchen und Basketballshirt zur Schule kommen – hier gibt es alles. Irgendwann wurde es mir dann etwas zu bunt. Leider wirkt die Geschichte durch das Setting und die übertriebenen Handlungen der Charaktere sehr unglaubwürdig und albern.

Die Handlung dümpelt in den ersten beiden Dritteln irgendwo zwischen belanglos und einschläfernd herum. Erst im letzten Drittel, als es endlich etwas spannender wurde, konnte das Buch mich noch packen. Das Ende hat wirklich Spaß bereitet! Die Charaktere haben sich etwas entwickelt, ihr Zusammenhalt wurde stärker, es wurde ein Geheimnis aufgedeckt und man war gespannt, wie es weitergeht. Blöderweise war’s dann aber auch schon vorbei.

“Die Fear Street entlangzugehen, zählte noch nie zu meinen bevorzugten Hobbys. Ich gehöre eher zu denen, die die Fear Street sehen und sich dann schnell mit eingezogenem Kopf durch die Allee des Vergessens davonmachen.” – S. 263

Der Schreibstil ist durchschnittlich gut und lässt sich angenehm lesen (wenn man mal von den Fußnoten absieht). Die Dialoge sind in meinen Augen allerdings nicht gut ausgearbeitet, oftmals habe ich mich gefragt, wer denn tatsächlich so spricht. Aber vielleicht ist auch das wieder ein Kunstschülerding, wer weiß. Der Humor entsprach so gar nicht meinem Geschmack, da er nicht natürlich und leicht, sondern gewollt und gekünstelt rüberkam.

Insgesamt hat das Buch gegen Ende noch die Kurve gekriegt, was allerdings nicht für eine gute Bewertung reicht. Dafür waren der Anfang und Mittelteil einfach zu schwach. Die Idee hatte Potential, doch dieses hat Susan Juby meiner Meinung nach nicht ausgeschöpft.

Fazit

Wenn ihr exzentrische Charaktere, ein etwas konfuses Setting und Fußnoten mögt, könnte dieses Buch etwas für euch sein. Mir allerdings hat nur das Ende wirklich gut gefallen, daher kann ich die Geschichte leider nicht weiterempfehlen.