Rezension

So berührend ...

Mein Herz und andere schwarze Löcher - Jasmine  Warga

Mein Herz und andere schwarze Löcher
von Jasmine Warga

Bewertet mit 5 Sternen

Aysel fühlt sich leer, das Leben macht für sie schon lange keinen Sinn mehr, ständig ist es dasselbe und so plant sie ihr ableben. Aber so ganz allein könnte man ja vor den letzten Schritt zurückweichen, besser wäre es doch zu zweit, denkt sie sich und sucht per Internet einen Komplizen. Dieser ist schnell gefunden und wohnt sogar im Nachbarort. Roman und Aysel fangen zu planen an, und während ihr gesetzter Termin immer näher rückt, merkt Aysel, das sie sich verändert hat und das ihr Herz schneller schlägt in Romans Nähe. Ihr wird klar, dass sie sich verliebt hat und das sie nun doch nicht sterben möchte und er soll es auch nicht wollen. Die Zeit rinnt nur so durch ihre Finger, kann sie ihn überzeugen? Gibt es eine Chance für ihre Liebe? Wird ihr Plan sich und Roman zu retten gelingen?

Ich muss gestehen das mir dieses Buch erst gar nicht aufgefallen ist, das Cover war mir erst so nichts sagend und der Titel, hätte mich jetzt nicht unbedingt diesen Inhalt vermuten lassen. Doch dann bekam ich eine Hörprobe und mein Augenmerk wurde ganz gezielt auf dieses Buch gerichtet und danach wollte ich es unbedingt lesen und habe es förmlich eingesogen. Diese Geschichte, so schwer das Thema auch liegen mag, überzeugte mich total, sie ist gefühlvoll, überzeugend und ehrlich. Die Gedanken und Gefühle der Zwei Protagonisten sind so toll eingefangen und wiedergegeben, dass man alles am eigenen Leib spüren und fühlen kann. Hier ist der Autorin ein außergewöhnliches und starkes Debüt gelungen.
Aber kommen wir mal auf die Figuren, Aysel war schon immer eine Außenseiterin und Einzelgängerin. Mit türkischen Wurzeln und einer Mutter, die den Vater verlassen hat, um eine neue Familie zu gründen, ist sie schon immer in besonderem familiären Umfeld aufgewachsen. Jetzt lebt sie bei der Mutter und fühlt sich ständig deren besorgten Blick ausgeliefert, auch ihre Halbgeschwister sieht sie mit gemischten Gefühlen gegenüber. In der Schule verkapselt sie sich, und obwohl sie einiges zum Unterricht zu sagen hätte, bleibt sie eher ruhig und verschlossen. Eigentlich funktioniert Aysel nur noch und das beschreibt die Autorin unheimlich gut. Da wir ja die Geschichte aus ihrer Sicht lesen, bekommen wir alles hautnah mit und können unheimlich gut in ihr Inneres schauen. Was bei ihr der Auslöser für ihren Wunsch nicht mehr auf der Welt zu sein ist, lässt sie uns lange darüber im Unklaren und so interpretieren wir unheimlich viel in jedes Geschehen hinein.
Roman ist so gar nicht der Kandidat fürs Ableben, er schaut gut aus, ist ein Sportler und der Schwarm von vielen Mädchen. Aber er igelt sich ein, schafft es kaum aus dem Bett und trägt eine große Last auf seinen Schultern. Trotzdem beeinflusst er Aysel sehr, er unterstützt sie in vielen und bei ihren Treffen gibt er ihr unbewusst das Gefühl von Normalität, ein nettes Mädchen zu sein und begleitet sie auf ihrem Weg. Man merkt aber schnell, dass Roman die Dunkelheit mehr in sich trägt als Aysel, er beherrscht sein äußeres Auftreten einfach besser und man hofft einfach nur, dass er dasselbe fühlt wie sie und eine andere Entwicklung einschlägt.
Die Autorin gibt mit einfachen Worten so viele tiefe Gefühle wieder, dass es mich oft umgehauen hat und ich nicht nur im Augenblick des Lesens diese selbst gespürt habe, sondern auch meine alten Erinnerungen vor Augen hatte. Sie erklärt unheimlich gut, was es heißt einsam zu sein, sich leer zu fühlen und einfach nicht die Kraft zuhaben um weiter zumachen. Aber gleichzeitig lässt sie die Hoffnung aufblühen und zeigt auch das Umdenken, dieses sich selber fühlen und das es ein gutes Gefühl sein kann. Dass nicht jeder so denken kann und trotzdem immer mit einem Bein am Abgrund steht, macht sie hier auch klar und so wird das Ganze real und greifbar. Jasmine Warga hat gut in Worte ausgedrückt, was Betroffene nicht sagen, oder ihrer Umwelt nicht klar machen können, wie schwer es ist sich selbst zu verstehen und einen Sinn im All dem zu finden. Der Weg daraus ist schwer, steinig und oft unumwindbar, es ist ein Kampf der einen immer begleiten wird, dabei ist es aber gut zu wissen, das es Menschen gibt die einen verstehen, ohne einen unter Druck zu setzten und natürlich die Hoffnung.
Diese Geschichte hat mich persönlich nicht nur berührt, sie hat mich bewegt und wird mir noch sehr lange im Kopf und im Herzen bleiben. Der Autorin ist hier etwas Wunderbares gelungen und ich finde diese Geschichte sehr lesenswert.