Rezension

So muss Fantasy sein

Das eherne Buch - Christian von Aster

Das eherne Buch
von Christian von Aster

Ich kannte bisher nur seine humoristischen Sachen, freute mich aber auch darauf, neues kennenzulernen. Ich sollte es nicht bereuen.
Jaarns Leben ändert sich auf einen Schlag, als ein Ordensbruder ihn mitten in der Nacht weckt und die Treppen des Turms hinab zerrt in eine geheime Kammer. Bisher kannte er nur das Leben zwischen den Gelehrten und Büchern. Doch in dieser Nacht verrät ihm Eonh von Stahl, der Herrscher über die Dritte Stadt, dass Jaarn sein Sohn und letzter Erbe ist. Der Krieg hat dem alten Mann schon die zwei ältesten Söhne genommen und Jaarn soll das alles beenden - den Krieg, für immer. Dazu muss er eine alte Legende erfüllen und das aus Geschichten geschmiedete Schwert dem Gott des Krieges darreichen. Doch das Eherne Buch ist nicht komplett. Es fehlen drei Geschichten und so beginnt eine Jagd quer durch das Reich nach den verlorenen Erzählungen und dem Ende des Kriegs. Jaarns einzige Hilfe dabei ist ein narbiger Mann, mit vielen Namen und noch mehr Geheimnissen. 
Die Feder ist mächtiger als das Schwert. Dieses Zitat kennen wir alle. Aber was ist mit einem Schwert, dass als allen Geschichten der Welt geschmiedet wurde? Ein Schwert, dass seinem Träger alle fast vergessenen Legenden zugänglich macht. Es ist nicht für den Krieg geschaffen, sondern dafür, den Frieden zu bringen. Wenn ihr mich fragt, so ein Schwert bräuchte auch diese Welt mehr denn je. 
Die Macht der Wort ist eine so wundervolle Thematik, der man als Bücherwumr direkt verfallen ist. Das geschriebene Wort als Waffe, die Magie und das Wissen, das von Geschichten ausgeht. So etwas zum Kern des Szenarios zu machen, ist eine tolle Idee.
Fans des klassischen, ehrbaren Fantasygenres werden dieses Buch lieben, denn es ist so weit aus mehr, als dass man es in weniger Worten zusammenfassen könnte. Es ist eine Geschichte über Geschichten und damit über alles, was an Emotionen jemals zu Papier gebracht wurde. Wut, Rache, Krieg, Trauer, Angst, aber auch Vertrauen, Freundschaft, Mut und Liebe. Und jedes dieser Gefühle macht man mindestens einmal durch.
Die Geschichte beginnt mitten im Krieg, denn der Eiserne Rabe will die Stadt Khabrach einnehmen. Schnell bekommt man einen Eindruck über die Zustände im Reich. Es gibt Streitigkeiten, Fehden und Intrigen zwischen den Städten und Fürstenhäusern. Ein ewiges Hin und Her - ein ewiger Krieg. Dabei lässt sich der Autor keine Zeit für lange Erklärungen oder Einleitung, sonder schmeißt den Leser direkt in die Geschichte. Das mag ich, vor allem wenn der Schreiber es beherrscht Fakten und Wissen so nebenher einzustreuen, dass man es beim Lesen kaum bemerkt. 
Das Spannungslevel ist alleine durch die Konstellation der Verfolgungsjagd durchgehend sehr hoch. Es gibt mehrere Handlungsstränge, die parallel verlaufen, mal zusammenführen und sich wieder trennen. Dadurch passiert immer was, es gibt keine unnötigen Längen und man bleibt am Ball. Die letzten 150 Seiten wollte ich das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen, weil es immer spannender wurde.
Die Charaktere sind alle etwas besonderes. Ich muss zugeben, dass ich am Anfang nicht so recht mit Jaarn warm wurde. Das ist aber auch logisch. Am Anfang ist er ein kleiner passiver Bücherwurm, der von den Ereignissen nur so mitgerissen wird. Aber nach einer Zeit ist mutig und hat das Herz am rechten Fleck.
Der heimliche Held ist so wie so Rugk, der Narbige. Mit seinem ersten Auftritt zieht er einen in seinen Bann. Man ahnt schnell, dass diese Rolle nicht so leicht zu durchschauen ist. Er ist eine Art Antiheld, der nicht immer den rechtschaffenen Weg einschlägt, um sein Ziel zu erreichen. Geschichte über ihn könnte ich stundenlang lesen und ich bin mir sicher, dass er auch verdammt viele zu erzählen hätte (Ein mögliches Prequell, Herr von Aster?). 
Alle weiteren Charaktere waren auch mit viel Liebe gezeichnet. Sie hatten gerade so viel Herz und Tiefe, wie sie es für ihre Rolle benötigten und das war vollkommen in Ordnung. Besonders erwähnen möchte ich noch Deswyn, die Eisenmutter, die gerade durch ihre Ambivalenz so großartig ist. Einzig Gvenn kam mir persönlich etwas zu kurz.
Die Charaktere zeichnet aus, dass sie weder schwarz noch weiß sind. Durch den Perspektivenwechsel landet der Leser auch mal bei Mhaw, dem General des Keilers, der Jaarn verfolgt. Da durch lernt man ihn kennen und auch verstehen. Man weiß, warum er tut, was er tut und es sind nachvollziehbare Gründe. Ich finde es schön, wenn die Grenzen so verschwimmen und der Böse nicht einfach nur böse ist.
Der Stil von Herrn von Aster ist so, wie er einem klassischen Fantasyroman gebührt. Es ist etwas gehobener, ohne sich in Bandwurmsätzen oder Ausschweifungen zu ergießen. Trotzdem lässt es sich flüssig und schnell lesen. Es gibt keine seitenlangen Beschreibungen, trotzdem wird in wenigen Sätzen unheimlich viel Stimmung und Ambiente eingefangen. Ich finde den Stil wahnsinnig schön und nach den ganzen Jugendromanen eine wirkliche Erleichterung. Ich hätte Christian von Aster sehr gerne daraus Lesen hören. Ich glaube, mit seiner Stimme und seinem Lesetalent wäre es eine kleine Traumreise in eine andere Welt geworden. Dabei verliert der Autor aber auch nicht seinen bissigen Humor. Immer wieder blitzt er hier und da durch und lässt den Leser kurz schmunzeln.  
Über das Ende will ich an dieser Stelle mal nichts verraten, denn es sollte einen ganz unvorbereitet treffen. Auf jeden Fall ist "Das Eherne Buch" kein Buch, dass man einfach zu klappt, um rasch ein neues zu beginnen. Hier muss man erstmal durchatmen und es einen Moment wirken lassen.
 

Fazit
Für Freunde des guten Fantasy ist "Das Eherne Buch" ein Muss. Es lässt einen leiden, lachen, mitfiebern, träumen, lieben und trauern. Und genau das muss ein Buch schaffen. Wenn es in mir eine Saite angeschlagen hat, dann hat es alles richtig gemacht. Eine wundervolle Thematik mit hinreißenden Charakteren. Vielleicht eine dieser Geschichten, die man später mal seinen Kindern erzählen sollte.