Rezension

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So tief wie das Meer...

Das Licht zwischen den Meeren
von M. L. Stedman

Bewertet mit 5 Sternen

Tom Sherbourne hat den 1. Weltkrieg überlebt und versucht nun, als Leuchtturmwärter auf einer kleinen Insel vor der australischen Küste wieder zurück ins Leben zu finden. Auf dem Weg dorthin begegnet er Isabelle, die er später heiratet. Gemeinsam mit ihr lebt er auf Janus Rock, der Leuchtturminsel. Sein Glück wäre perfekt, wenn sie endlich den ersehnten Nachwuchs bekämen. Insbesondere Isabelle wünscht sich nichts sehnlicher. 

An einem schicksalhaften Tag wird ein Boot an die Insel herangeschwemmt. Darin: Ein toter Mann und ein Baby - und es geht ihm gut! Isabelle schließt das Mädchen sofort ins Herz und Tom bringt es nicht übers Herz, den Vorfall zu melden. Denn das würde bedeuten, dass man Isabelle das Kind wieder weg nähme. 

Einer Entscheidung, aus Liebe zu einem Menschen getroffen, entspringt auf diese Weise eine Lüge, die ihre Kreise zieht. Wie ein Tropfen auf der Wasseroberfläche, der eintaucht und von dort aus immer größer werdende Kreise hervorruft. 

Denn entgegen Isabelles fester Überzeugung, das Mädchen habe niemanden mehr auf der Welt, gibt es auf dem Festland einen Menschen, der das Baby mehr als alles in der Welt vermisst...

 

Zum Schreibstil: Zugegeben, ich musste mich erst ein wenig in das Buch hinein finden. Anfangs fand ich es streckenweise verwirrend, doch je mehr ich gelesen hatte, desto offensichtlich wurde mir der Sinn der Zeitsprünge und der Erzählzeit, bis sich letztlich ein stimmiges und toll geschriebenes Gesamtbild ergab. 

Die Geschichte: Als ich den Klappentext gelesen hatte, fiel es mir schwer, nicht von Anfang an vorurteilsfrei zu sein. Da hatte ein Paar ein Baby "unterschlagen"! Wie um alles in der Welt konnten sie das tun? Sie sind schuldig. Wirklich? Ich war dennoch neugierig und begann zu lesen. Doch Seite für Seite wurde das Schwarzweiß zu einem Grau, wurde die Frage nach Richtig oder Falsch größer. Die Geschichte hat mich berührt, gleichzeitig habe ich mich aber auch selbst gefragt, was ich in so einer Situation tun würde. Aus Liebe zu einem anderen Menschen. Würde ich lügen, nur um diesem einen Menschen nicht das Herz zu zerbrechen? Die Antwort? Die findet man wohl nur in sich selbst.

 

Fazit: Ein fulminantes Debut, das die eigene Moral in Frage stellt und einen gleichzeitig in eine Welt eintauchen lässt, die so hoffnungsvoll, gleichzeitig jedoch so rau sein kann wie das Leben auf einer einsamen Leuchtturminsel vor der Küste.