Rezension

So trostlos wie berauschend, so bedrückend wie überwältigend

Ich erwarte die Ankunft des Teufels - Mary Maclane

Ich erwarte die Ankunft des Teufels
von Mary Maclane

Bewertet mit 4 Sternen

Mary MacLane: Man bedauert sie, man beneidet sie. Man bestaunt sie und vielleicht verehrt man sie sogar. Aber es fällt schwer, sie zu mögen.

Im Jahr 1901 schreibt die erst neunzehnjährige Mary MacLane ihre „Darstellung“, die damals für eine literarische Sensation sorgte. In Tagebuchform zelebriert sie ihr unsägliches Leiden: als Genie und Philosophin dazu verdammt zu sein, nichts weiter zu tun zu haben als zu warten. Also wartet sie. Nämlich auf die Ankunft des Teufels.

Die Gegend, die sie denkend und wahrnehmend durchstreift, ist öde und sandig. Das ist dem Kupferabbau geschuldet, der die Region um die Stadt Butte in Montana verbraucht und vergiftet hat. Beinahe macht es den Eindruck, als spiegele sich diese durch skrupellose Ausbeutung entstandene Landschaft in MacLanes Seele.

Provokant kokettiert sie mit dem Bösen in ihrem Charakter, bezeichnet sich als Lügnerin und Diebin, bekennt sich zu einer lesbischen Liebe und offenbart ihre mannigfachen Formen der Verachtung in Bezug auf beinahe alle übrigen Menschen. Bedingungslos möchte sie sich dem Teufel unterwerfen. 

Dieses Anklagen, Jammern, Hadern über das Nichts, das sie umgibt, verbunden mit einer pathetischen Selbsterhöhung, beides in selten durchbrochenen Wiederholungen, könnte die Lektüre ziemlich unerfreulich gestalten. Wären da nicht die Originalität, der Mut, die kraftvolle Sprache und die faszinierenden Bilder. Immer geht es dabei um sie: ihre Spaziergänge, ihre Art, eine Olive zu essen, ihren jungen Frauenkörper, ihre Verliebtsein in die Anemonendame, ihr Verliebtsein in Napoleon. Ihre unendliche Müdigkeit, die Kälte ihrer Mutter, ihre Einsamkeit, ihre Sehnsucht nach Liebe. Sehnsucht nach Leidenschaft, die dem Streifen roten Himmels bei Sonnenuntergang entspricht. 

So trostlos wie berauschend, so bedrückend wie überwältigend erscheint Marys Welt.

Das Nachwort der Lektorin Ann Cotten und ein Beitrag von Juliane Liebert mit informativen und wissenswerten Fakten zu Autorin und ihrem Kontext schenken diesem bedeutsamen, etwas anstrengenden Buch eine adäquate Bereicherung.