Rezension

So viel Wahrheit in einem Buch…

Honigblütentage - Sofie Cramer

Honigblütentage
von Sofie Cramer

Bewertet mit 5 Sternen

Dieses Buch fand ich einfach nur soooooo schön! Ein Buch zum Träumen, Fallenlassen, aber auch zum Aufhorchen, Nachdenken und Reflektieren.

Valerie wird von ihrer Redakteurin auf Recherchereise auf den Heidschnuckenweg quer durch die Lüneburger Heide geschickt – Thema: Pilgern vor der eigenen Haustür. Valerie, die in einer Ehekrise steckt und sich schwertut zu akzeptieren, dass ihre 16jährige Tochter langsam eigene Entscheidungen trifft, passt das gar nicht. Was soll dieses tagelange Herumgelatsche? Das ach so idyllische Vogelgezwitscher würde sie eh nicht hören, mit ihrem Tinnitus… Valerie macht sich übellaunig auf den Weg und genau so verläuft auch der erste Teil ihrer Wanderung.
Sie kommt mit sich allein nicht klar und wird immer verstimm-ter. Durch einen Zufall macht sie eine längere Rast auf einem Hof mit Pension mitten in der Lüneburger Heide, der von der robusten Annegret geführt wird. Annegret sieht sofort, dass Valerie mit sich nicht im Reinen ist und führt sie mit behutsa-men, aber gezielten Gesprächen wieder auf den Weg zu sich selbst.

Das quasi mitzuerleben, war für mich als Leser selbst auch ein erhellendes Erlebnis – denn viele Fragen, die Annegret Valerie stellt, könnte man sich auch selbst immer wieder stellen, wenn man sich mit Problemen konfrontiert sieht.

„Wir können in unserer Opferrolle verharren, uns einbilden, das Leben sei schlecht und die Welt habe sich gegen uns ver-schworen… Oder wir beginnen zu akzeptieren, was war und wer wir dadurch geworden sind, um unsere Geschichte umzu-schreiben und all dem Leid einen Sinn zu geben.“ (S. 164)

Fast jeder wird schon Situationen erlebt haben, in denen man am liebsten in Selbstmitleid versinkt und meint, alles sei schlecht und habe eh keinen Sinn. Dieses Buch rüttelt aus sol-chen Situationen auf und zeigt, dass kleine Perspektivwechsel manchmal bereits Wunder bewirken können. Sofie Cramer regt in Gestalt von Annegret dazu an, Gefühle zu hinterfragen und sich ernsthaft damit auseinanderzusetzen. Sie von verschiede-nen Seiten aus zu betrachten – z. B. so, wie sie vielleicht der Partner, der Chef oder das halbwüchsige Kind sieht. Ich fand das sehr anregend und habe durch das Lesen des Buches den Mut gefunden, auch eigene Schwachstellen anzugehen und zu hinterfragen. Vielleicht findet man für die eine oder andere scheinbar aussichtslose Situation ja doch einen Strohhalm, nach dem man greifen kann?Ich muss wirklich sagen, ich war erstaunt, wieviel Wahrheit und Weisheit in diesem kleinen Büchlein steckt, das als ganz normaler „Frauenroman“ daher-kommt und doch so viel mehr sein kann.

Wer sich ein klein wenig für Psychologie und/oder Esoterik interessiert, wird viel Freude an diesem Roman haben. Und wer nicht… den werden die idyllischen Landschaftsbe-schreibungen und der zum Teil auch amüsante Plot über-zeugen! Absolute Leseempfehlung!