Rezension

Solide, auch wenn der Klappentext eine andere Geschichte verspricht

Das Savoy - Schicksal einer Familie - Maxim Wahl

Das Savoy - Schicksal einer Familie
von Maxim Wahl

Bewertet mit 4 Sternen

Handlung

London 1936

Nachdem viele Jahre lang Larry an der Spitze des Savoy Hotels stand, hat nun seine Enkelin Violet die Führung übernommen. Und obwohl sie stets einen vollgepackten Terminkalender hat, bereitet Violet ein Ereignis aus der Vergangenheit immer wieder Albträume. Und bislang war sie gerade deshalb auch noch nicht bereit für eine neue Beziehung. Bis plötzlich der französische Adlige Omar de la Durbollière vor ihr steht. Er lässt sie vieles vergessen und gibt ihr Hoffnung auf eine Zukunft. Daher fackelt Violet nicht lange, als er sie zu den Olympischen Sommerspielen in Deutschland einlädt. Violet sind die politischen Neuerungen im Austragungsland zwar bekannt, doch so recht kann sie viele Dinge nicht glauben. Frohen Mutes tritt Violet die Reise an, nicht ahnend, was sie in Berlin erleben und was während ihrer Abwesenheit im Savoy alles passieren wird...

 

Meinung
Auch bei diesem zweiten Band wurde das Cover recht schlicht und edel gehalten. Noch immer dominiert eine weiße Farbe das Bild, die durchbrochen wird von der blau-grüne Schrift des Titels, sowie einem Hotel, vor dem nicht nur ein Auto, sondern auch ein glamourös gekleidetes Pärchen zu sehen ist. Eindeutig handelt es sich bei dem Gebäude um das, welches auch auf dem Cover des ersten Bandes zu sehen ist und bei dem es sich um das berühmte Savoy handelt. Ich finde es immer noch unglaublich eindrucksvoll und schick, nur zu gerne würde ich das Hotel auch von innen sehen.

Ich mag das Bild sehr gerne, es gefällt mir gut, bereitet auf die Handlung vor und ich mag die Schlichtheit. Gerade dadurch fällt der Roman auf jeden Fall auf!

 

Im August letzten Jahres hatte ich den ersten Band um das mondäne Hotel gelesen und irgendwie habe ich vollkommen den Erscheinungstermin von Band zwei verpasst. Keine Ahnung, wie das passieren konnte... Auf jeden Fall wollte ich diesen unbedingt lesen, ich mag Romane rund um Hotel-Dynastien gerne und zudem hat der Auftaktband dieser Reihe noch viele offene Fragen gelassen, auf die ich gern eine Antwort möchte. Und natürlich hat es mich auch interessiert, wie Violet mit der Leitung des Hotels umgeht, was sie für Sorgen umtreiben und ob sie an den Erfolg ihres Großvaters anknüpfen kann. Ich war sehr glücklich, den zweiten Band noch als Rezensionsexemplar zu erhalten und möchte noch einmal meinen Dank an den Aufbau Verlag aussprechen!

 

Wie ich erwähnt hatte, ist es gut ein Jahr her, seit ich den ersten Band gelesen habe. Und in der Zeit sind mir doch mehr Details entfallen, als ich dachte. Und trotzdem hatte ich einen überraschend angenehmen und guten Start in die Handlung. Ich habe mich schnell wieder in der Geschichte zurechtgefunden und nach und nach wird auch ein wenig erwähnt, was im Auftaktband der Reihe geschehen ist und auch bei mir kamen die Erinnerungen wieder.

Ich mochte die Schreibweise direkt wieder sehr gerne. Sie war einfach gehalten, hat sich leicht lesen lassen und besonders die Settings hatten einen bildhaften Charme. Zudem gibt es eine starke Personenzeichnung, nicht nur äußerlich, sondern auch charakterlich. Besonders stark ausgeprägt war dies bei den bereits bekannten Protagonisten aus Band eins, sie haben auch die meisten Wiedererkennungsmerkmale.

Als Erzählinstanz dient ein allwissender Erzähler, der verschiedene Rollen einnimmt und so einen breiten Überblick gibt. Dadurch ist es möglich, Zusammenhänge zu erkennen und verstehen, sowie erfährt man Motivationen und Ziele der Protagonisten. Es kommt also nicht nur Violet zu Wort, sondern auch der besagte französische Adlige in der Inhaltsangabe oder andere Charaktere, die ich nicht weiter benennen werde um der Geschichte nicht zu viel vorweg zu nehmen. Manche davon nehmen eine wichtige Rolle ein, manche dienen nur als Handlanger und sind Nebenfiguren. Trotzdem fand ich es interessant, viele kleine Einblicke in die verschiedenen Leben zu erhalten, Lebensweisen und Ziele kennenzulernen und auch mehr über die politischen Ansichten zu erfahren.

Außerdem gestaltet sich die Handlung auf diese Weise sehr abwechslungsreich, immer wieder wird man als Leser überrascht und es werden so meistens Längen vermieden. Erst mit zunehmender Handlung merkt man, wie all die Kapitel anhand eines roten Fadens miteinander verbunden sind, sie immer mehr einen Sinn ergeben und am Ende entsteht so eine ziemlich runde Geschichte, auch wenn der Roman mit einem großen Cliffhanger endet. So wird das Interesse an einer Fortsetzung angeregt und bei mir hat das Ende sofort den Wunsch herbeigerufen, dass ich die Fortsetzung lesen möchte!

 

Als Hauptsetting dient das titelgebende Savoy-Hotel und ich finde die Darstellung dessen wieder sehr grandios. Ich konnte mir die unterschiedlichsten Räume hervorragend vorstellen, sowohl die Gästezimmer, als auch das Foyer oder die privaten Zimmer von Violet hatten einen ganz bestimmten Charme. Damit bin ich wirklich zufrieden und ich mochte es sehr, dass man den luxuriösen Charakter des Hotels wahrnehmen konnte. Das Savoy strahlt eindeutig etwas exquisites aus, was sehr verlockend ist und man kann als Leser gut nachvollziehen, weshalb die Gäste genau dort logieren wollen.

Ansonsten gibt es noch einige Kapitel in Deutschland, die mir vor allem stimmungstechnisch sehr gut gefallen haben. Hier empfand ich allerdings die vermittelten Bilder der Orte nicht so stark und ich konnte mich allgemein mit den Kapiteln nicht so sehr anfreunden. Sie hatten eine Unruhe bei sich, wirkten irgendwie fahrig niedergeschrieben und hatten ein paar Längen. Daher habe ich mich mit den Szenen in Deutschland etwas schwer getan und empfand dementsprechend das Setting auch nicht so lebhaft und bildreich.

 

Ich hätte mir gewünscht, dass das Savoy eine deutlich größere Rolle einnimmt, mehr Szenen dort stattfinden und man noch mehr Einblicke in die verschiedenen Arbeitswelten der Protagonisten erhält. Teils war dies vorhanden und man merkte, dass das Savoy eindeutig im Mittelpunkt steht. Teilweise hatte ich aber auch oft das Gefühl, als würde es in den Hintergrund rutschen und vor allem die Intrigen und Heimlichkeiten stehen im Vordergrund. Und genau das fand ich etwas schade. Ich habe den Roman gerne gelesen, doch meine Erwartungen werden nicht ganz erfüllt. Man kann den Arbeitsalltag von Violet nicht richtig nachvollziehen, oft wird lediglich erwähnt, dass sie den ganzen Tag auf den Beinen ist und ihren Pflichten nachgeht. Über das Personal erfährt man recht wenig und im Grunde spielt das Savoy meist nur eine Nebenrolle. Und genau das finde ich irgendwie irreführend, immerhin ist das Hotel titelgebend und ich finde, dass der Klappentext andere Erwartungen hervorruft, weil erwähnt wird, dass Violet nun die Hotelleitung antritt. Daher hatte ich mir Gedanken gemacht, überlegt, was für Hindernisse und Probleme Violet mit ihrer neuen Aufgabe haben könnte und inwiefern sie sich mit der Arbeit anfreunden kann. Vieles davon ist dann leider nicht so eingetreten.

Auf ihre Art hat mir die Geschichte, die am Ende herausgekommen ist gefallen und ich habe sie mit viel Interesse gelesen. Und sie konnte mich auch zu weiten Teilen überzeugen, nur die Handlung in Deutschland fand ich nicht so perfekt und diese hätte gerne gekürzt werden können. Aber, wie schon beim ersten Band, waren meine Erwartungen ein wenig anders und ich hatte mit einer anderen Geschichte gerechnet.

 

Ich mochte es sehr, wie diesmal einige historische Fakten eingebunden wurden, die sich vor allem um den anbahnenden Zweiten Weltkrieg und die Wahrnehmung Deutschlands vonseiten des Auslands drehen. Das zeigte gut, wie die Menschen damals durch falsche Nachrichten gelenkt wurden und wie die Bevölkerung Englands die Nazis und deren Ziele wahrgenommen haben. Ich fand es interessant, dass dieser Fakt mit vorkam und hier zeigte sich stark, dass eine solide Recherche hinter dem Werk steckt.

 

Mir hat es ein wenig gefehlt, dass es keine zeitlichen Angaben gibt. Gefühlt vergehen in dem Handlungszeitraum nur wenige Tage, genau lässt sich dies leider nicht sagen. Und gerade weil ab und an einige Zeit übersprungen wird, hätte ich es für sinnvoll gefunden, wenn es klare Abgrenzungen gegeben hätte und es über jedem Kapitel oder wenigstens bei der Eingliederung des Buches in drei Teile eine Monats- und Jahresangabe gegeben hätte. Einfach, dass man sich als Leser besser auf die Geschichte einlassen kann und man in dieser Hinsicht nicht im Dunklen tappt. So kann ich sagen, dass mehrere Wochen vergehen, aber genauer kann ich die Handlungsdauer nicht einschätzen.

 

Ich fand die Darstellung der Protagonisten gut. Sie hatten eigene Merkmale und Charaktere erhalten, haben sich voneinander abgehoben und man konnte sich von einem jeden, egal ob er häufig oder selten aufgetreten ist, ein gutes Bild machen. Man lernt im Laufe der Handlung vollkommen unterschiedliche Menschen, mit verschiedenen Lebensstilen und politischen Ansichten kennen und so ergibt sich ein angenehm breites Bild der Gesellschaft. Besonders interessant empfand ich es diesmal, wie man auch als Leser teils von einigen Protagonisten in die Irre geführt wurde und wie sie erst nach und nach ihr wahres Gesicht zeigen. Das war wirklich großes Kino und hier konnte mich besonders eine Person sehr überraschen!

Violet empfand ich meist als in Ordnung. Sie hapert verständlicherweise noch mit ihrem Schicksal und denkt an ein Leben ohne das Hotel. Man merkt, dass sie noch nicht vollkommen für das Savoy brennt, was sich mit zunehmender Handlung stetig verstärkt. In einigen Punkten habe ich noch immer nicht alle Aktionen von Violet als gut und passend empfunden, doch meistens hat sie mir gut gefallen und ich fand sie deutlich angenehmer als im ersten Band.

 

Fazit

Eine spannende Geschichte, die auf ein fulminantes Ende zusteuert. Irgendwie habe ich das im Gefühl und ich bin sehr gespannt auf den finalen dritten Band, zumal dieser zweite mit einem großen Cliffhanger geendet hat und ich am liebsten sofort wissen würde, wie es mit Violet und ihrem Savoy weitergeht!

Meine Erwartungen waren ein wenig anders, aber die Geschichte konnte mich am Ende doch auf ihre Art überzeugen. Es gibt Kleinigkeiten, für die ich einen Stern abziehe, ansonsten habe ich nichts zu meckern.