Rezension

Solider, kurzweiliger Roman mit interessanten Charakteren

Die Widerspenstigkeit des Glücks
von Gabrielle Zevin

Bewertet mit 4 Sternen

Zum Inhalt

A. J. Fikry betreibt einen kleinen Buchladen auf Alice Island. Er ist eigenbrötlerisch, arrogant und vergreift sich gerne im Ton. Nicht nur die neue Verlagsvertreterin Amelia bekommt seine Launen zu spüren. Seit dem Tod seiner Frau Nic hat er jeglichen Lebensmut verloren und ertränkt seinen Frust im Alkohol.

Doch dann wird er plötzlich aus seiner Lethargie gerissen. Zuerst wird ihm eine äußerst wertvolle Erstausgabe gestohlen, und dann findet er zu allem Überfluss auch noch die zweijährige Maya in seinem Laden. Deren Mutter, eine arme College-Studentin, wusste keinen Ausweg mehr und hat sich, nachdem sie Maya in A. J.s Laden mit einer Notiz zurückließ, ertränkt.

Obwohl ein Kleinkind das Letzte ist, was A. J. gebrauchen kann, fühlt er sich für die Kleine verantwortlich. Und so wird sein Leben von heute auf morgen völlig auf den Kopf gestellt.

Meine Meinung

Die Figuren waren mir mehr oder weniger sympathisch. A. J. ist ein schwieriger Zeitgenosse, der eigentlich ein liebevoller Mensch ist, aber auch ganz schön arrogant und eklig sein kann. Er macht eine sehr starke Wandlung im Laufe der Geschichte durch, was vor allem an Maya liegt. Alles in Allem kann man ihn wohl als liebenswerten, aber anstrengenden Kauz bezeichnen. Maya ist ein intelligentes, waches Kind, das die Liebe zur Literatur von ihrem Adoptivvater „geerbt“ hat. Die Verlagsvertreterin Amy war mir eigentlich am sympathischsten, da sie bodenständig und liebevoll ist und einen guten Gegenpol zu A. J. bildet. Weitere wichtige Nebenfiguren sind der Polizist Lambiase, den ich persönlich neben Amy am meisten mochte, sowie A. J.s Schwägerin Ismay und deren Ehemann Daniel. Da das Buch öfter die Perspektiven wechselt, lernen wir diese Figuren nach und nach besser kennen.

Die Story schreitet schnell voran und macht Zeitsprünge. Sie umfasst circa 14 Jahre, beginnend in Mayas zweitem Lebensjahr. Dadurch fehlte mir manchmal die Tiefe. So hatte ich anfangs aufgrund des Klappentextes noch gedacht, dass es hier um die Annäherung zwischen A. J. und der kleinen Maya geht und war doch ziemlich überrascht, dass diese Begegnung recht oberflächlich und flott abgehandelt wurde und A. J. Maya sofort als Kind annimmt.

Der Roman liest sich dank des angenehmen Schreibstils und auch der recht großen Schrift sehr schnell. Jedem Kapitel geht ein kurzer Text voraus, in dem A. J. Maya etwas über eine seiner Lieblingskurzgeschichten erzählt, wobei hier manchmal Anspielungen auf ein folgendes Ereignis, also kleine Spoiler zu finden sind.

Obwohl die Geschichte hochemotional ist bzw. sein könnte, ist der Schreibstil eher sachlich und nüchtern, was natürlich gut zum Protagonisten passt. Dem Leser bleibt also selbst überlassen, wie emotional er an dieses Buch herangehen möchte, denn eigentlich bietet sich hier eine breite Gefühlspalette. Es geht um Liebe, Einsamkeit, Verzweiflung, Trauer, Loslassen und Neubeginn. All diese Themen werden unsentimental und unkitschig behandelt, was jedoch für mich persönlich zur Folge hatte, dass ich die Entwicklung der Geschichte und der Charaktere zwar spannend fand, aber keinen direkten Draht zu den Figuren bekam. Es hat mich eigentlich keine Begebenheit wirklich berühren können.

Ein weiteres großes Thema ist die Literatur und die Liebe zu Büchern. Es wird viel darüber philosophiert, und für Liebhaber der englischsprachigen Literatur finden sich noch zahlreiche Lesetipps. Ganz klar an dieser Stelle eine Leseempfehlung für absolute Büchernarren!

Der ganze Plot sowie das Ende waren teilweise vorhersehbar, aber auch teils (für mich zumindest) überraschend, so dass mich das Buch die meiste Zeit fesseln konnte und ich es gerne gelesen habe. Alles in Allem ist „Die Widerspenstigkeit des Glücks“ ein kurzweiliger, solider Roman mit interessanten Charakteren, der für diejenigen Leser, die sich auf den etwas nüchternen Erzählstil einlassen, eine Achterbahnfahrt der Emotionen bieten kann.