Rezension

Solides Debüt mit nachdenklicher Thematik

Öl auf Wasser - Helon Habila

Öl auf Wasser
von Helon Habila

Bewertet mit 4 Sternen

Der junge Journalist Rufus aus Port Hartcourt, Nigeria, wittert die große Story, als er erfährt, dass der ausländische Ölkonzern, der vor Ort nach Öl bohrt und nach Reichtum giert, von einer Rebellentruppe erpresst wird. Diese Rebellen, die nur ihre eigene Justiz kennen und vor Gewalt nicht zurückscheuen, haben die Ehefrau eines Mitarbeiters der Führungsetage gekidnappt und in das Dickicht der Mangrovenwälder verschleppt.
Als eine Lösegeldforderung eintrifft, macht sich Rufus gemeinsam mit dem verbrauchten und alkoholabhängigen Profi-Journalisten Zaq auf die Suche nach der Geisel, nichts ahnend, dass sie schon bald zwischen die Fronten der Rebellen und des Militärs geraten werden...

MEINE MEINUNG
Helon Habila, der nun mit Öl auf Wasser seinen ersten Roman auf Deutsch veröffentlicht hat, beschäftigt sich hier mit Missständen, die in seinem eigenen Heimatland Nigeria vorherrschen. Mit der Entführung einer Weißen als Ausgangspunkt entwickelt sich eine Geschichte, die von deutlich mehr erzählt als nur von Geiselnahme und Erpressung.
Habila weiß es, das Niger-Delta gekonnt in Szene zu setzen. Besonders die filmischen Sequenzen in den Mangrovenwäldern und die Geschichten von brennenden Dörfern bleiben dem Leser deutlich im Gedächtnis. Aber auch der Kontrast zwischen der modern erscheinenden Großstadt Port Harcourt und der schon fast paradisisch anmutenden kleinen Insel Irikefe Island deutet auf eine Zerissenheit hin, die das ganze Land prägt und dem Leser ganz unterschiedliche Bilder liefert. Leider kann Habila diesen teils poetischen Stil nicht konsequent durchhalten und rutscht manchmal in recht nüchterne, vielleicht schon journalistische Beschreibungen ab. Dies mag dramaturgisch gerechtfertigt sein, nimmt dem Leser aber leider streckenweise die Spannung.
Der Autor hat sich für seine Geschichte zwei sehr glaubhafte unterschiedliche Hauptcharaktere ausgewählt, wobei Habila den Fokus auf die psychologische Entwicklung legt. Und auch hier entsteht ein Kontrast: Rufus, noch kaum Berufserfahrung hat, aber mutig und motiviert ist, bildet ein ungleiches Gespann mit Zaq, dem ehemaligen Top-Reporter, der das Leid, dass er während seiner journalistischen Karriere miterleben musste, mittlerweile mit Whiskey therapiert. Leider bewegt sich die Figur Zaq aber hier und da an der Grenze zum Klischeehaften. Da hätten ein paar weitere Dialogsequenzen eventuell gut getan, um die Glaubwürdigkeit der Figur zu erhöhen.
Der Leser erfährt das Geschehen aus Rufus Sicht (Ich-Form), wobei die Ereignisse um die Entführung immer wieder durchbrochen werden mit Rückblenden auf Rufus' Vergangenheit und familiäre Situation. Dieses Puzzle, dass sich wie die Suche nach der verschwundenen Frau immer weiter ausbreitet, ist gekonnt konzipiert und gibt dem Leser Möglichkeit, eine sehr persönliche Sichtweise in Bezug auf die Rolle der Ölkonzerne in Niger-Delta zu erhalten.

FAZIT
Öl auf Wasser ist ein äußert interessanter und zum Nachdenken anregender Kriminalroman, der dem aufmerksamen Leser deutlich macht, wie der Kampf und die Schätze des Bodens – das Öl auf der einen und die Natur auf der anderen Seite – ein ganzes Land im Griff zu haben scheint. Habila vermittelt dies, ohne in klagende Töne zu verfallen. Teilweise hätte dem Roman als Krimi ein wenig mehr Spannung oder Lebendigkeit vielleicht gut getan, andererseits braucht es wohl gerade diesen teils nüchternen und realistischen Stil, um den Leser zum Nachdenken zu bewegen, auch über die letzten Buchseiten hinaus.