Rezension

“Sommer unter schwarzen Flügeln” überzeugt durch eine erschreckend, authentische Handlung und einen berührenden Schreibstil !!

Sommer unter schwarzen Flügeln - Peer Martin

Sommer unter schwarzen Flügeln
von Peer Martin

Sommer unter schwarzen Flügeln

Autor: Peer Martin

Erscheinungsdatum: 20.Februar 2015

ISBN: 978-3789142970

Verlag: Oetinger Verlag

Peer Martin interessierte sich schon als Jugendlicher für das Schreiben, kam jedoch nie über Kurzgeschichten hinaus. Er studierte Sozialpädagogik und arbeitete einige Jahre mit Jugendlichen in Berlin, Vorpommern und Brandenburg.

Seine eigenen Erfahrungen und die Erzählungen eines syrischen Freundes verarbeitet er authentisch in seinem ersten Roman "Sommer unter schwarzen Flügeln".

Cover:

Das Cover und der Buchumschlag sind liebevoll gestaltet worden.

Nimmt man den Umschlag ab, sind vor grau melierten Hintergrund nur noch die Schatten eines jungen Mannes mit Sprengerstiefeln und einer junger Frau mit Kopftuch zu sehen.

Auf dem Buchumschlag steht der Titel inmitten roter Farbe, die an manchen Stellen schon verblasst.

Inhaltlich ist es perfekt auf das Buch abgestimmt.

Klappentext:

Sommer unter
Foto: Lena Wilczynski

"Ein Buch, das die Augen öffnet: verstörend, poetisch, engagiert. Nuri kommt aus Syrien und lebt im Asylbewerberheim. Calvin wohnt nur wenige Häuser weiter und ist Mitglied einer rechten Jugendgang. Als sie sich kennenlernen, erzählt Nuri ihm von ihrem Heimatdorf am Rand der Wüste und von dessen Schönheit. Doch dann kamen die Schwingen des Bösen und legten sich über das ganze Land. Je mehr Calvin über das Mädchen mit den dunklen Augen erfährt, desto mehr verliebt er sich in sie. Calvin möchte seine Gang verlassen - doch so einfach entkommt er seinen alten Freunden nicht."

Inhalt:

Ein Buch, welches thematisch nicht aktueller oder brisanter sein könnte. Wir erleben gerade nichts anderes in unserem eigenen Land. Flüchtlinge aus Syrien und dem afrikanischen Kontinent setzen ihr Leben aufs Spiel, um aus dem Heimatland zu fliehen. Sie haben eine lange, sehr beschwerliche Reise unter schwierigsten Bedingungen hinter sich. Und was machen einige Mitbürger, die in einem Sozialstaat leben, einem der reichsten Länder, sie zünden Asylheime an. Ich frage mich immer, was in solchen Menschen vorgeht? Wie man so viel Hass auf jedem haben kann, den man nicht einmal kennt? Menschen, die teils schwer traumatisiert sind. An so einer Stelle würde ich mir wirklich wünschen, dass sich mehr Leute an die "Regel" halten würden, andere so zu behandeln, wie man es sich selbst wünschen würde. Sich gegenseitig Respekt entgegen zu bringen oder sich wenigstens zu akzeptieren, scheint oftmals leider schon zuviel verlangt sein.

Auch den Protagonisten Nuri und Calvin fällt dies anfangs schwer.

Nuri ist eine junge Syrerin, die mit ihrer Familie aus dem Heimatland vor dem Krieg und all seinen menschenverachteten Begleitumständen geflohen ist. Sie erhofften sich, in einem anderen Land neu beginnen zu können. Stattdessen treffen sie in ihrem Viertel, in dem das Asylheim steht, auf Ablehnung, Gewalt und offenkundigen Hass.

Nuri ist eine mutige Frau, die versucht sich wenig einschüchtern zu lassen und trotz allem, auch die deutsche Sprache lernen will.

Durch Zufall trifft sie bei ihrer "Nachhilfe" auf Calvin und beginnt ihn mit ihrer Lebensgeschichte zu faszinieren.

Ich mochte sie von Beginn an sehr. Sie hat nicht nur Calvin fasziniert, sondern auch mich als Leser. Ich habe großen Respekt vor ihr und ihrer Überzeugung, zu der sie auch steht und dem Einsatz für die Menschen, die sie liebt.

Calvin fand ich anfangs eher unsympathisch. Er muss sich um seine Mutter und seine beide jüngeren Brüder kümmern, da der Vater sie verlassen hat oder nur unzuverlässig anwesend ist. Calvin ist unzufrieden, hat die Schule nicht abgeschlossen, findet keinen dauerhaften Ausbildungsplatz. Sicherheit und Anerkennung findet er nur in seiner rechten Clique. Dafür tat er mir schon etwas leid. Schlimm zu wissen, dass es der einzige Halt in dem Leben eines jungen Menschen ist.

Nach und nach entwickelt er sich jedoch weiter. Er beginnt Aussagen zu hinterfragen und unterstützt nicht mehr alle Aktionen seiner Clique.

Diese Entwicklung hat mir sehr gut gefallen und ich fand sie auch authentisch.

Alle weiteren Charaktere sind auch liebevoll und interessant, sowie authentisch gestaltet worden.

Aufbau/Struktur & Stil:

Die Kapitel werden immer mit Zitaten verschiedenster Quellen eingeleitet. Das fand ich sehr spannend und auch ansprechend.

Geschildert wird die Handlung abwechselnd aus den Perspektiven von Nuri und Calvin. So gewinnt man als Leser einen sehr guten Einblick in ihre sehr unterschiedliche Lebensweise und kann sich noch besser in ihre Lage versetzen.

Peer Martin hat einen außergewöhnlichen authentischen und bildhaften Schreibstil, der es mir als Leser möglich gemacht hat, mich sehr gut in die Situationen und Gefühle der Protagonisten hineinzuversetzen. Man fühlt und spürt die hochkochenden Emotionen äußerst intensiv.
 Ich habe selbst mitgelitten, war wütend und schockiert und konnten andererseits auch die Hoffnungslosigkeit der Beteiligten spüren.Für Nuri und Calvin habe ich immer nur gehofft, dass sie eine Chance bekommen friedlich zusammenleben zu können. Der Schreibstil passt sich den Inhalten der unterschiedlichen Erzählperspektiven an.

Fazit:

Eine wahnsinnig, berührende und authentische Lebensgeschichte, dass mich zum Nachdenken aber auch noch verstärkt Mitgefühl bei mir ausgelöst hat. Ich kann das Buch nur jedem empfehlen und wünsche mir so sehr, dass irgendwann alle Menschen, von allen, akzeptiert und gleichbehandelt werden können !

Ich gebe fünf von fünf Funkelchen.