Rezension

Sozialer Abstieg

Wer hier schlief - Isabella Straub

Wer hier schlief
von Isabella Straub

Bewertet mit 4 Sternen

Der in der Geschichte nur bei seinem Nachnamen genannte Philipp Kuhn ist persönlicher Assistent in der Firma für Sicherheitstüren seiner Lebensgefährtin. Als er sie zugunsten seiner jungen Geliebten Myriam verlässt, ist letztere für ihn plötzlich unauffindbar. Ohne Job und Bleibe stromert Kuhn durch die Stadt (Wien), macht neue Bekanntschaften, gewinnt neue Erkenntnisse, insbesondere auch in Bezug auf Myriam.

Die Geschichte lebt durch ihre teilweise skurrilen Figuren, was das Wenige an Handlung wettmacht. Besonders der Protagonist Kuhn ist interessant. Sein tiefer Fall vom Partner einer vermögenden Frau zur Obdachlosigkeit erweckt komischerweise kein Mitleid. So gebührt es eben Männern, die bei jungen Frauen wildern. Hinzu kommt, dass sich Kuhn eigentlich Zeit seines Lebens hat treiben lassen. Das Thema Obdachlosigkeit wird mit einer gehörigen Portion unterschwelliger Kritik dargestellt. Ungewöhnliche Wege aus ihr heraus werden vorgestellt - in Form der merkwürdigen SuHo-Gruppe (suddenly homeless), der sich Kuhn anschließt und deren Mitglieder eigentlich Schmarotzer sind, indem sie sich in fremden Wohnungen einnisten und von den bei öffentlichen Veranstaltungen gereichten Imbissen ernähren. Alle Romanfiguren sind mit Liebe zum Detail dargestellt. Bei Kuhn ist insoweit erwähnenswert das ihm einzig verbliebene Gemälde „Adam“ des österreichischen Künstlers Hauser, das ihn auf seiner Odyssee begleitet. Interessant sind auch die Nebenfiguren, wie z.B. Kuhns neuer Bekannter Solak mit seinem Hang zum Philosophieren und seinem wohltuenden Elixier. Sie alle sind genauso verloren wie Kuhn.

Ein gelungener Roman.