Rezension

Spannend

Rachewinter - Andreas Gruber

Rachewinter
von Andreas Gruber

Bewertet mit 4 Sternen

Walter Pulaski ermittelt in Leipzig. Im Hotelzimmer eines Motels wird ein Toter gefunden, es sieht zunächst nach einem Unfall aus. Pulaski glaubt nicht an einen Unfall und erkennt den Mann – es ist der Vater von Nina, der besten Freundin seiner Tochter. In Wien ermittelt Anwältin Evelyn Meyers mit ihrem Assistenten Florian. Sie glaubt ihrem Mandanten Michael Kotten, dass er nichts mit dem brutalen Mord zu tun hat, der ihm zur Last gelegt wird. Leider spricht ein Video der Tat, welches Handwerker vom gegenüberliegenden Dach aufgenommen haben, dagegen. Und Während Pulaski alle Hände voll zu tun hat, seine Tochter von eigenhändigen Ermittlungen abzuhalten und selbst entgegen der Anweisungen weiter zu ermitteln, bekommt Meyers es in Wien mit der mächtigen Familie ihres Mandanten zu tun und hat viel mehr Fragen als Antworten.

Stil, Machart, Meinung
Dieser Thriller ist ein typischer Gruber, und deshalb auf jeden Fall sehr gut. Rasant, ohne Schnörkel und mit tollen Figuren führt er den Leser durch eine rasante Geschichte. Der Plot kann sich sehen lassen, und ich habe auch noch einiges über ein interessantes, teils delikates Thema gelernt, von dem ich vorher nicht sehr viel Ahnung hatte. Worum es sich dabei handelt, kann ich aus Gründen der Spoilergefahr leider nicht sagen.  
Die beiden Erzählstränge, Wien und Leipzig, wechseln sich ab. In Leipzig teilt sich die Erzählperspektive noch einmal in Walter Pulaski´s Sicht der Dinge und der Perspektive seiner Tochter Jasmin, die eigentlich ganz vernünftig ist aber ihrer Freundin Jasmin bei der eher unvernünftigen eigenen Ermittlung zu Tod des Vaters helfen möchte. Zwischendurch gibt es außerdem die Perspektive der zukünftigen Opfer und des Täters. So ist der Leser den Ermittlern teilweise voraus, da er natürlich ahnt das Pulaski und Meyers Fälle miteinander zusammenhängen – tappt aber trotzdem lange im Dunkeln.  Es ist sozusagen ein großes verworrenes Knäul, welches der Leser zusammen mit den Ermittlern langsam entwirrt.
Nachdem beide Ermittler dieser Reihe ohne einander ermittelt haben, stellen sie dann irgendwann die Verbindung her und ermitteln zusammen. Ein dramatischer Showdown läutet das Ende des Falles ein, und hier ist wirklich einiges los. Man hat natürlich einen unvorsichtigen Ermittler, welcher dem Leser einfach nur „warum machst du diesen Scheiß?“  denken lässt. Und daraus resultiert dann wirklich eine Menge Action, Gefahr und Drama.
Dieser dritte Teil der Serie um Pulaski und Meyers lässt sich auch gut einzeln lesen, aber natürlich empfehle ich, bei dieser Reihe chronologisch vorzugehen. Ich selbst habe den ersten Teil noch nicht gelesen, werde das aber demnächst sicher nachholen. Besonders erfrischend finde ich den neuen Sidekick von Evelyn Meyers. Flo ist ein Ermittlungs- Allround – Talent und kommt fast schon einem Superhelden gleich. Man ahnt, dass es im nächsten Band knistern könnte. Auch die Tochter von Pulaski ist eine ganz erfrischende Version ihres Vaters, die gut in die Geschichte passt.
Was mich nur etwas stört, sind die vielen Zufälle. Klar, damit die Reihe funktioniert, müssen die Fälle in Wien und Leipzig immer zusammenhängen. Aber das ist hier nun schon sehr zufällig eingefädelt. Die Anwältin wird für den Mandanten erwählt und Pulaski erwischt genau die passende Leiche als Ermittler beim Kriminaldauerdienst. Ok, das verzeiht der Leser sehr gern, denn nur so funktioniert die Zusammenarbeit der Ermittler und das Zusammenspiel der Perspektiven. Am Ende wird das mit den Zufällen dann immer dramatischer, und einiges ist dann doch etwas zu viel. Das tut der Spannung und der Geschichte keinen Abbruch, macht die Sache nur etwas weit hergeholt. Aber dafür ist es ja auch Fiktion. Und ganz philosophisch könnte man erklären, dass ja eigentlich alle Ereignisse irgendwie aus Zufällen bestehen und sich so ein großes Ganzes formt…

Fazit
Ein typischer Gruber, und dadurch auf jeden Fall schon einmal sehr gut! Jedem Thriller – Fan dürfte das Herz aufgehen. Wer die vorherigen Bände mag, wird auch diese Geschichte mögen. Ich vergebe 4 Sterne, obwohl die meisten Bücher des Autors von mir 5 Sterne bekommen. Eine begeisterte Leseempfehlung spreche ich definitiv aus. Im Vergleich finde ich die Reihe um Maarten S. Sneijder etwas besser, sehe bei dieser für den nächsten Band mit den frischen Figuren jedoch großes Potential. Vielleicht sollte dann jedoch mal eine andere Ausgangslage die beiden Ermittler zusammenbringen, damit es abwechslungsreich bleibt. Gruber ist und bleibt einer meiner Lieblingsautoren, ich wurde bis jetzt von keinem Buch enttäuscht.