Rezension

Spannend, aber ohne diesen Wow-Effekt

DEAR AMY - Er wird mich töten, wenn Du mich nicht findest - Helen Callaghan

DEAR AMY - Er wird mich töten, wenn Du mich nicht findest
von Helen Callaghan

Bewertet mit 4 Sternen

Schon der Klappentext von „Dear Amy“ hört sich ja interessant an, nach genau der Art Psychothriller, die ich gerne lesen. Der Roman fängt auch sehr spannend an. Im Prolog erfährt man nämlich aus Sicht von Katie, wie sie entführt wird, danach wird die Geschichte meist aus Sicht von Margot erzählt. Und es ist wirklich interessant von der Entführung zu erfahren und später dann immer mehr Details durch Margot und die Briefe zu erhalten, bis man das Puzzle langsam zusammensetzen kann. Die Briefe von Bethan machen die Geschichte sowieso richtig spannend. Denn das Mädchen wurde vor etwa 20 Jahren entführt, jeder ging davon aus, dass sie tot ist und nun erscheinen Briefe von ihr, als wäre sie noch immer in Gefangenschaft und wäre außerdem keinen Tag gealtert. Ich habe allerdings schon bald geahnt, was es damit auf sich hatte, was bei mir ein wenig Spannung herausgenommen hat.

Das Ende war dann unheimlich fesselnd, nur finde ich, dass die Geschichte zu glücklich ausgegangen ist. Die Hinführung war zwar creepy, aber das Finale dann eben doch glimpflich.

Der Schreibstil von Helen Callaghan hat mir durchaus gefallen. Für einen Thriller hat er sich erstaunlich schnell und leicht lesen lassen, sonst brauche ich in dem Genre eigentlich immer länger. Deswegen hat mich das bei "Dear Amy" echt überrascht, aber es war eine positive Überraschung.

Wie schon erwähnt, erzählt die Autorin vorwiegend aus Sicht von Margot, Ich-Perspektive und Vergangenheit. So weit auf jeden Fall okay. Nur was etwas seltsam ist: manchmal schiebt Callaghan Kapitel aus Sicht von Katie ein, die in dritter Perspektive und im Präsens geschrieben sind. An sich ebenfalls okay, ich finde es nur vor allem komisch, dass die Autorin die Zeitform wechselt.

Die Charaktere im Roman finde ich echt interessant, besonders Margot, die Protagonistin. Sie ist absolut vielschichtig dargestellt und ich finde ihre Art zwar nicht übermäßig sympathisch, aber auf jeden Fall cool für einen Hauptcharakter. Denn sie ist selbst psychisch ein bisschen labil, hat das ein oder andere Mal einen aggressiven Ausbruch, kann Kinder nicht ausstehen und ist trotzdem Lehrerin und und und. Margot hat natürlich auch 'normalere', nette Seiten, aber ich finde gerade diese Kanten von ihr interessant.

Die anderen Charaktere rücken da ein wenig in den Hintergrund. Es gibt zwar ein paar, die noch ziemlich wichtig für die Handlung sind, zum Beispiel Margots Bald-nicht-mehr-Ehemann Eddy, ihre Freundin Lily, Martin Forrester, der bei den Ermittlungen hilft, oder auch Katie. Aber deren Charakter ist leider nicht ganz so gut ausgearbeitet wie der von Margot. Zumindest kann man jedoch nicht sagen, dass diese Nebenfiguren zu klischeebeladen sind und sich in eine Schublade stecken lassen.

Mit "Dear Amy" habe ich insgesamt wieder einen interessanten Thriller hinter mir, der noch dazu einen spannenden Einblick in die menschliche Psyche gibt. Ich fand besonders Margot als Protagonistin und den leicht zu lesenden Schreibstil wirklich gut und auch, wie hier Spannung aufgebaut wurde durch die verschiedenen Perspektiven. Allerdings hat mir das Ende nicht so gut gefallen, es war mir zu sehr Happy End und deswegen nicht so passend für einen Thriller. Und dass ich die 'große Wendung' habe vorausahnen können, hat mir ein bisschen die Spannung geraubt. Ich würde das Buch aber trotzdem an jeden, der gerne Thriller - und besonders Psychothriller - liest, weiterempfehlen.