Rezension

Spannend, gut recherchiert - obwohl ich mit Ulrich Probleme hatte...

Der Getreue des Herzogs - Johanna von Wild

Der Getreue des Herzogs
von Johanna von Wild

Bewertet mit 5 Sternen

Der treue Johannes...

Johanna von Wild hat in ihrem historischen Roman „Der Getreue des Herzogs“ die Lebensgeschichte des Herzog Ulrich von Württemberg (1487 – 1550) aufgezeichnet, dies sehr spannend mit fiktiven Personen verwoben, so dass ich regelrecht durch die Geschichte „geflogen“ bin.

Aber gleich vornweg: ich werde kein Fan (oder im heutigen Sprachgebrauch: follower) von Ulrich werden, wie schon hinten auf dem Cover steht: „Verschwender, Mörder, Reformator“. Ja, diese Eigenschaften kommen in dem Roman gut heraus… nur seine Umsetzung der Reformation hat mir Respekt abgewonnen: er war der „erste protestantische Fürst seines Territoriums, er führte im ganzen Land die Reformation ein.“ (Wikipedia) Ansonsten bin ich heilfroh, dass ich zu seiner Zeit nicht in Württemberg gelebt habe (aber war es anderswo besser?)

Aber die Autorin hat Ulrich keineswegs „schöngeredet“, sondern zeigt ihn mit all seinen Schwächen. Ihm zur Seite – gewissermaßen als Gegenpol – hat sie Johannes gestellt, sein (fiktiver) bester Freund, der ihm das ganze Leben treu zur Seite steht (na ja, fast das ganze Leben, in seiner Egomanie lässt ihn Ulrich zwischendurch mal einkerkern…). Zwischendurch stellt Johannes sogar sein persönliches Glück zurück, um weiter seinem Freund zu Diensten zu sein. Natürlich dankt es Ulrich ihm nicht, sondern behandelt ihn weiterhin „schofelig“.

Die Autorin lässt die damalige Zeit vor unseren Augen entstehen: wir nehmen teil an den exzessiven Gelagen in der Dürnitz (Speise- und Gemeinschaftsraum in mittelalterlichen Burgen), schütteln den Kopf über Ulrichs Verschwendungssucht, leiden mit der armen Bevölkerung, sympathisieren mit dem „Armen Konrad“ (Bündnis von Bürgern, die gegen Ulrich aufbegehren), sind gerührt, als die Bevölkerung in der Kirche das erste Kirchenlied in deutscher Sprache hört (von Luther geschrieben) und ziehen mit Ulrich in diverse Schlachten, die eigentlich unnötig wären. Auch bei dem erwähnten Mord sind wir Augenzeugen. Ja, wir sind wirklich mittendrin…Durch den lebhaften und fesselnden Schreibstil werden wir mühelos in die Zeit zurückversetzt, das Kopfkino produziert sofort die passenden Bilder!

Man merkt deutlich, dass die Recherchearbeit intensiv und aufwendig war, in den „Anmerkungen zum Buch“ erklärt Frau von Wild einige Details, eine Zeittafel runden die historisch belegten Fakten ab. Ich habe durch dieses Buch viel über einen Teilaspekt der deutschen Geschichte gelernt und er wird mir sehr präsent bleiben.

Ich kenne von der Autorin bereits „Die Erleuchtung der Welt“ (über Mechthild von der Pfalz, Ulrichs Großmutter) und muss gestehen, dass mir „Die Erleuchtung“ etwas besser gefallen hat, aber das mag 1) daran liegen, dass ich dort mehr Identifikationsfiguren gefunden habe und 2)  Ulrich absolut kein Sympathieträger ist! Aber trotzdem hat mich Ulrichs Leben in seinen Bann gezogen – und das ist das Werk von Johanna von Wild – Chapeau!

Und genau deshalb kann ich auch eine uneingeschränkte Leseempfehlung für diesen historischen Roman aussprechen: interessant und faszinierend ist das Leben von Herzog Ulrich von Württemberg auf jeden Fall (auch wenn er – pardon – ein Ekelpaket war)!