Rezension

Spannend mit frischem Konzept

Saligia - Swantje Oppermann

Saligia
von Swantje Oppermann

Bewertet mit 4 Sternen

Creepy Keira – so wird Keira von ihren Mitschüler*innen genannt. Kein Wunder: Die starke Wut, die Keira ständig ausstrahlt, ist mehr als unheimlich. Dabei kennen die anderen noch nicht einmal ihr größtes Geheimnis: Keira kann nämlich ihren Zorn auf ihre Umwelt übertragen. Nur löst sie, da sie keine Kontrolle über diese Fähigkeit besitzt, regelmäßig Chaos und Schlägereien aus. Vielleicht ist sie sogar Schuld am Tod ihres Vaters. Als ein fremder Mann auftaucht und Keira erzählt, dass sie eine der Todsünden verkörpert, ist das immerhin eine Erklärung. Viel schlimmer kann es sowieso nicht kommen, denkt Keira und folgt seiner Einladung zur Schule der Saligia, ein Internat für personifizierte Todsünden.

„Saligia“ ist mal wieder ein richtig innovatives Jugendbuch mit einer frischen, unverbrauchten Idee, auch wenn ich erst nach und nach warm damit geworden bin. In den ersten Kapiteln wurde mir einiges zu ungenau dargestellt. Warum geht Keira mir nichts dir nichts mit einem fremden Mann mit? Was ist das für ein seltsames Verhältnis zwischen Kiera und ihrer Mutter, die offenbar gar keinen Bezug zu ihrer Tochter hat? Solche Dinge haben mich schon sehr irritiert. Auch die Schule der Saligia, ihr Ursprung und der Alltag dort hätten detailreicher eingeführt werden können. Mit der Zeit klärt sich aber einiges auf und bei dem, was am Ende noch unklar ist, hoffe ich mal auf Band zwei!

Gepackt hat es mich etwa ab der Hälfte. Ab da entwickelt sich eine ziemlich coole Murder-Mystery-Geschichte. Ich bin in einen regelrechten Leserausch verfallen. Swantje Oppermann hat das Thema „Todsünden“ super umgesetzt. Spannend und bedrohlich. Aber auch klug und pfiffig. Und immer wieder sehr humorvoll.

So sind die Mädchen, mit denen sich Keira im Internat ein Zimmer teilt, alle auf ihre Art speziell. Trotzdem kann sich wohl jeder Teenager (und nicht nur die!) in dem einen oder anderen Laster wiederfinden. Lazy, die die Trägheit verkörpert, verkrümelt sich am allerliebsten in ihr Bett. Gray (die Hochmut), gibt gerne den Ton an. Brooke ist extrem neidisch. Avery kann ihre Finger nicht von den Sachen anderer Leute lassen und Scarlett, die Wollust, – holla, die treibt es nachts in der Bibliothek ziemlich bunt. Konkret beschrieben wird zwar nichts, aber die Altersempfehlung ab 14 Jahren ist schon ganz okay.

Keiras eigene Liebesgeschichte ist wirklich süß. Und die Botschaft, sich so zu akzeptieren, wie man ist und Toleranz gegenüber anderen zu üben, trifft bei Jugendlichen einen Nerv. Gut fügt sich auch die zweite Erzählperspektive ein, durch die der Leser nicht nur einen Blick auf die Außenwelt jenseits des Internats erhält, sondern auch auf allgemeine Probleme der Saligia, die Kiera selbst noch gar nicht erfassen kann. Eine tolle Abwechslung, die den Plot gleichzeitig eine Spur komplexer macht!

Fazit: Nach einer kurzen Aufwärmphase hatte ich viel Spaß mit „Saligia“. Der Plot – ein Mix aus Fantasy, Krimi und Internatsgeschichte – klingt zunächst nicht sehr innovativ, entpuppt sich aber als frisch und unverbraucht, spannend, clever und humorvoll. Kleine Unebenheiten kann man dem Buch leicht verzeihen. Ich freue mich schon auf die Fortsetzung, zumal am Ende viele Fragen offen bleiben.

Kleine Anmerkung: Nützlich wäre eine vorangestellte Übersicht über die jeweiligen Todsünden, ihre lateinischen Bezeichnungen und eine Zuordnung der Charaktere gewesen – ich musste zu Beginn doch einige Male zurückblättern, um nachzuschlagen, wer nun welches Laster verkörpert.