Rezension

spannend und eindrucksvoll

Henkersmarie - Astrid Fritz

Henkersmarie
von Astrid Fritz

Bewertet mit 5 Sternen

Klappentext: Eine Henkerstochter auf der Flucht vor ihrem Schicksal

Rothenburg ob der Tauber, um 1540. Maria wächst als Henkerstochter in einer schäbigen Gasse heran. Dem Mädchen ist der Beruf des Vaters eine fremde Welt. Nur zu deutlich spürt sie, dass sie gemieden wird - gelten Henker und ihre Familien doch als "Unehrliche", mit denen man nicht in Berührung kommen soll. Als sie alt genug ist, nimmt ihr Vater sie zum ersten Mal zu einer Hinrichtung mit. Danach schwört sie sich, die Henkerswelt für immer hinter sich zu lassen, sobald sie erwachsen ist. Aber ihre Eltern haben andere Pläne: Sie soll den Sohn und baldigen Nachfolger des Freiburger Henkers heiraten. Bleibt ihr nur die Flucht?

Der Prolog im Roman beginnt mit dem Jahr 1525. In Nürnberg soll ein junges Mädchen als Kindsmörderin hingerichtet werden. Der Henker bringt in letzter Minute die Bitte vorn, das Mädchen los zu bitten, also zu heiraten, damit sie dem Tod entgeht. Der Rat entspricht der Bitte, allerdings müssen beide unterschreiben, die Stadt Nürnberg nie wieder zu betreten.

Die Protagonistin des Romans Marie, lebt mit ihren Eltern in Rothenburg anno 1533 im Klingenviertel, einem speziellen Viertel, da der Henker damals zu den ausgegrenzten der Gesellschaft gehörte. Im Mittelpunkt der Handlung steht die Familie des Henkers. Sehr detailliert werden die vielfältigen Aufgaben des Henkers zu damaligen Zeit wiedergegeben, denn er ist nicht nur Henker, er muss zum Beispiel auch die Kloakengruben leeren. Oft zogen die Henker mit ihren Familien nach einigen Jahren an einen anderen Ort und überall war es das Gleiche, der Henker und auch seine Familie galten als ehr-und rechtlos, durften nicht berührt werde, mussten auffällige Kleidung tragen. Das Auftreten des Henkers und seiner Familie in der Öffentlichkeit war streng reglementiert. Dieser Roman schildert sehr anschaulich die unterschiedlichen Lebensverhältnisse und Arbeitsaufgaben.

Petra Schier versteht es meisterhaft, dem Leser vor Augen zu führen, wie die Protagonistin Marie empfindet und auch ihre Geschwister,  ihre Emotionen, als Ausgestoßene nicht  zur Gesellschaft zu gehören, ihre Ausgrenzung in der Schule, unter der sie sehr leidet. Während Marie sich zurückzieht geht ihr Bruder Veit mit der Situation völlig anders um, er möchte den Beruf des Vaters ergreifen und geht emotional mit der Situation völlig anders um. Jonathan der jüngste der Geschwister, ebenso sensibel wie intelligent,  wird noch einen anderen Weg einschlagen.

Der Schreibstil ist leicht und flüssig, aber ebenso spannend. Die ängstliche Zurückhaltung der Mutter, das Verständnis des Vaters für die Probleme seiner Kinder, Marias nicht nur geheime Wünsche nach einem Leben ohne Ausgrenzung und Veits Prügellust und unterschwellige Aggressivität sind nur ein paar der Themen. Zu den emotionalen Momenten gehören für mich die innigen und offenen Gespräche zwischen Maria und ihren Vater, der als sehr liebevoller Vater behutsam mit den Ängsten und Wünschen seiner Kinder umgeht.

Ein ausgezeichnet recherchierter Roman von Petra Schier. Viele doch eher nicht bekannte Informationen über den im Mittelalter verachten, vielschichtigen aber auch recht  gut bezahlten Beruf des Henkers. Der Roman ist mir sehr unter die Haut gegangen und hat mich berührt.

Im Glossar am Ende des Romans werden die mittelalterlichen Begriffe sehr gut erklärt. 

Eine klare Leseempfehlung.