Rezension

Spannend und mitreißend mit kleineren Schwächen

Der Preis, den man zahlt - Arturo Pérez-Reverte

Der Preis, den man zahlt
von Arturo Perez-Reverte

„Und die Welt ist ein großartiges Abenteuer, das ich mir nicht entgehen lassen will.“ (S. 89)

Zusammenfassung. Lorenzo Falcó ist ein Mann für die saubere Erledigung schmutziger Geschäfte – und davon bietet das kriegsgeplagte Spanien 1936 genug. Der undurchsichtige neueste Auftrag führt ihn mitten in die „Rote Zone“ und zu einer Gruppe Falangisten im Feindesland. Doch wer arbeitet hier für wen?

Erster Satz. Die Frau, die sterben sollte, redete seit zehn Minuten.

Cover. Das Cover bietet eine sehr passende Einstimmung auf das Thema und das Ambiente des Romans und hat mich, die ich ohnehin ein Faible für Züge habe, gleich angesprochen. Was ich außerdem mag, ist die Rückansicht der Dame auf dem Foto. Ich habe gerne ein eigenes Bild der Protagonisten meiner Bücher im Kopf.

Inhalt. Dem Setting und der Idee geschuldet ist dieser Roman natürlich ausgesprochen spannend. Alles ist undurchsichtig und gerade in den Kriegswirren noch undurchschaubarer als es ohnehin schon wäre.
Es gibt eine oder zwei Szenen, die ich sehr kritisch sehe, in denen unser werter Protagonist eine Dame unter der Zuhilfenahme körperlicher Überlegenheit zum Geschlechtsverkehr überzeugt. Dabei missfällt mir die Darstellung, dass das schwache Frauchen es ja im Grunde auch die ganze Zeit wollte und sich nach Zögern und Zaudern willig in seine Arme stürzt, doch massiv.
Wenn man jedoch davon (und von den teils seltsamen Überschriften) absieht, ist „Der Preis, den man zahlt“ in meinen Augen rundum gelungen.

Personen. Mit dem Protagonisten Falcó gelingt es Pérez-Reverte meiner Meinung nach ganz ausgezeichnet, den Blick des Lesers auf das Geschehen einzuordnen: Es gibt keine Seite, auf die man sich schlagen möchte, weil irgendwie niemand der Beteiligten Gutes im Schilde führt. Man ist also geneigt, sich eine beobachtende Perspektive zu eigen zu machen, denn seien wir mal ehrlich: Auf welche Seite würde man sich stellen, wenn die Auswahl zwischen nationalistischen Falangisten und einem sozialistischen Durcheinander, dass das Land ins Chaos stürzt, besteht?
Auch die anderen Figuren sind entsprechend ihrer Position sympathisch oder unsympathisch, aber in beiden Fällen authentisch.

Lieblingsstellen. „Dieselbe Treppe führte auch nach unten in ein Kellergeschoss von düsterem Ruf in jenen Tagen, wo es eine Hintertür gab, durch die in den frühen Morgenstunden Gefangene mit gefesselten Händen – Gewerkschafter, Kommunisten, Anarchisten und andere republikfreundliche Leute – herausgeschafft wurden, um wenige Stunden später tot in La Orbada im Gebüsch oder vor der Friedhofsmauer zu liegen. Die örtlichen Gerichtsmediziner, die keine Lust hatten, sich mit heiklen Einzelheiten in Schwierigkeiten zu bringen, pflegten diesen Leichen schlicht Tod durch Schusswaffe zu bescheinigen.“ (S. 46)
„Man sollte sich stets auf die wahrscheinlichste Hypothese einstellen, aber Vorkehrungen für die gefährlichste treffen.“ (S. 134)
„„So ist dieser Krieg.“ „Ja, zu dreckig. Es macht einen fertig, so dreckig ist er.“ „Das ist jeder Krieg. Ich habe schon einige erlebt. Oder vielleicht ist es auch immer der gleiche.““ (S. 164)

Fazit. Kleine Kritikpunkte und das Fehlen des Sahnehäubchens verhindern, dass ich vollends begeistert bin, doch ein spannender, interessanter und mitreißender Roman ist „Der Preis, den man zahlt“ in jedem Fall.