Rezension

Spannend wenn auch etwas überzogen manchmal

Muttertag - Nele Neuhaus

Muttertag
von Nele Neuhaus

Bewertet mit 4 Sternen

Ich sage es ganz offen heraus, mit den letzten Krimis und auch mit ihrem Jugendbuch konnten mich Nele Neuhaus nicht mehr überzeugen. Weshalb ich den neuen Roman von ihr trotzdem gelesen  habe? Ganz ehrlich, die Inhaltsangabe hat es für mich raus gerissen. Ich stehe total auf Krimis in denen alte Kriminalfälle doch noch gelöst werden können. Das und die Tatsache das ich Oliver und Pia als Ermittler sehr mag, hat ich doch neugierig werden lassen, ob mich die Autorin doch noch mal überzeugen kann. 

Und ja, zum Teil hat sie das dann auch geschafft. - Nur zum Teil...Ich finde das sie an ein paar Stellen etwas zu viele Verwicklungen mit ins Spiel gebracht hat, die ich als übertrieben empfunden habe. Aber insgesamt war der Fall spannend erzählt. Vor allem in der Frage, wo bitte die ganzen menschlichen Knochen im Garten herkommen. Solche Mordfälle finde ich einfach super interessant und daher hat es mich hier schon sehr interessiert, wie das Ganze dann gelöst wird. 

Zudem wird Oliver von Bodensteins Privatleben hier mal erfrischend anders, kaum in den Mordfall eingebunden. Das fand ich sehr gut und hätte mir das auch bei Pia gewünscht. Ich finde aber generell, das viele Autoren ihre Ermittler zu stark in die Handlung einbeziehen und dann den eigentlich Fall gerne mal aus den Augen verlieren. Das ist Nele Neuhaus zum Glück so nicht passiert, aber ich hätte trotzdem kein Problem damit, wenn sie es schaffen würde, einmal komplett auf diese Bezüge zu verzichten. Es hat mich schon sehr gestört wie Tief Pias Privatleben letztendlich in den Fall einbezogen waren. Ich fand das war total überflüssig und wäre an einigen Stellen auch anders lösbar gewesen. Zu Mal es die Handlung gar nicht immer wirklich voran gebracht hat. Im Gesamtbild wirkte das oft überladen. 

Trotzdem, wenn man mal die Nebenschauplätze aussortiert, war der eigentliche Mordfall echt interessant und spannend. Es gab einige mögliche Täter, die Aufgrund der gesamten Hintergrundgeschichte auch tatsächlich alle glaubwürdig in Frage kamen. Hierbei ergaben sich einige schöne falsche Fährten,  die man auch als Leser*in nicht zwingend durchschauen konnte. Dadurch wirkten auch die Ermittlungen professionell und es war glaubwürdig, weshalb das Team immer wieder in einer Sackgasse steckt. Dabei war hier eindeutig Pia im Fokus, Oliver wirkt fast als eine Art Nebenfigur. Interessant war übrigens die Entwicklung von Karin Engel - der Chefin des Teams, die ich  in anderen Romanen oft zu überzogen fand. Hier hatte sie endlich mal etwas mehr Tiefe und war nicht bloße Karikatur der bösen Chefin, die zu doof ist irgendwas zu begreifen. Schade das die Figur nicht schon früher etwas mehr Profil bekommen hat. Das hätte der Reihe meiner Meinung nach schon länger mal gut getan. Etwas anstrengend fand ich allerdings dass das Team gefühlt immer größer wird. Da ich mir eh nicht alle Namen merken konnte, hab ich mich irgendwann dann einfach wieder ganz auf Pia und Oliver fokussiert. Zu Mal die andren Mitglieder eigentlich trotzdem stark im Hintergrund agieren. Auch wenn es immerhin realistisch ist, das nicht nur zwei Ermittler einen Fall bearbeiten.

Ein weiterer Handlungsstrang erzählt nach und nach die Geschichte einer jungen Frau, die auf der Suche nach ihrer leiblichen Mutter ist. Wie und warum diese Geschichte etwas mit dem Fall zu tun haben wird, erschließt sich erst nach und nach. Desweiteren ergeben sich auch Rückblenden durch den Mörder, diese Rückblenden fand ich richtig gut, weil sie so schön zum Spekulieren und knobeln geeignet waren. Man erfuhr so nebenbei, was den Frauen genau zugestoßen ist und ich fand auch das dadurch die Neugier, wer nun der gesuchte Mörder ist eindeutig so richtig angefacht wurde. 

Überhaupt gibt es einige interessante Figuren im Roman. Einige der Pflegekinder und auch der Enkel des Verstorbenen alten Mannes tauchen auf. An ihnen zeigt Nele Neuhaus exemplarisch ihre Kritik am Umgang mit Heimkindern der 60er und 70er Jahre auf. Gerade diesen Aspekt fand ich sehr gut herausgearbeitet. Zudem war sehr überzeugend dargestellt wie unterschiedlich einzelnen Figuren die Ereignisse wahrgenommen haben bzw. an was sie sich erinnern, erinnern wollen und was sie nicht erzählen. 

Viele Kritikpunkte die ich hier aufgezählt habe, sind mir übrigens während des Lesens nicht so stark in den Sinn gekommen, wie das nun Rückblickend der Fall ist. Das liegt auch daran, das mir das Buch wirklich gut gefallen hat. Ich hätte nicht nur einmal fast meine Haltestelle verpasst, so vertieft war ich in die Handlung. 

Obwohl ich also ein paar Stellen überzogen fand, war der Roman spannend erzählt und hat mich richtig gut unterhalten. Meine Abzüge halten sich auch deshalb eher in Grenzen.