Rezension

Spannend, witzig, aber auch ehrlich

Guten Morgen, Genosse Elefant - Christopher Wilson

Guten Morgen, Genosse Elefant
von Christopher Wilson

Bewertet mit 4 Sternen

"Guten Morgen, Genosse Elefant" von Christopher Wilson ist schon ein spezielles Buch. Der Titel, das Cover und auch der Klappentext, haben mich neugierig werden lassen, und ich muss sagen, das Buch ist wirklich ein gelungenes Werk. Der Protagonist, der zwölfjährige Juri, aus dessen Sicht dem Leser sein Abenteuer als Stalins Vorkoster und auch sein "Kummerkasten" erzählt wird, ist einfach vom Fleck weg liebenswert. Mit seiner niedrigen Hemmschwelle, die ihre Ursache in einem Unfall mit einem Milchwagen und einer Straßenbahn und dem damit verbundenen schweren Hirntrauma findet und einhergeht, scheut Juri sich vor nichts, und spricht einfach aus, was er denkt. Was im streng sozialistischen Russland natürlich auch sehr gefährlich sein kann. Als dann auch noch sein Vater, ein Tierarzt, mitten in der Nacht zu einem wichtigen Patienten gerufen wird, begleitet Juri ihn natürlich und macht prompt Bekanntschaft mit der politischen Führungsriege und Stalin höchstselbst. Nach der Untersuchung wird sein Vater "fort gebeten" und Juri bleibt in der Datscha des Stählernen allein zurück. Allein mit seinem weltoffenen Gesicht, das jedem seine Geheimnisse zu entlocken scheint und den bedrohlichen und gefährlichen Politikern und Offizieren unter Stalins Herrschaft. 
Es ist sehr interessant und fesselnd erzählt, wie Juri sich nach und nach in das politische Leben einfädelt und sich zurecht findet. Er lernt schnell, wann er doch lieber die Klappe halten sollte und wann es sich lohnt, auch einmal seinen Senf dazuzugeben. Manchmal scheint er die Gefahr, in der er schwebt, dennoch nicht zu sehen oder zu begreifen. In diesen Momenten möchte man ihn einfach an der Hand nehmen und aus diesem grausigen Palast hinausführen und retten. Wie er es aber trotzdem schafft, heile aus einigen Miseren herauszukommen, ist unglaublich, schön und immer wieder spannend. Als die Dinge dann eine üble Wendung nehmen, befürchtet man einfach nur das Schlimmste, Juri tat mir so leid...
Alles in allem ist "Guten Morgen, Genosse Elefant" (der Titel erklärt sich schnell aus der Handlung heraus) nicht unbedingt ein Buch, dass ich mir auf den ersten Blick sofort gekauft hätte, vielleicht auf den zweiten Blick oder sogar den dritten. Deshalb bin ich mehr als froh, dass ich dem Buch sofort ein Chance gegeben habe. Ich kann Juris lustige, traurige, spannende und manchmal auch herzzerreißende Geschichte nur empfehlen.