Rezension

spannende emotionale Familiengeschichte

Die Holunderschwestern
von Teresa Simon

Bewertet mit 5 Sternen

Klappentext: München 1918. Die junge Fanny – Franziska – sitzt im Zug nach München und will der Provinz entfliehen. Ihre sensible Zwillingsschwester Friederike musste sie zurücklassen. Als die reiche Witwe Dora mit ihren beiden Kindern zusteigt, ahnt Fanny noch nicht, dass ein tragisches Schicksal seinen Anfang nimmt. München 2015. Katharina erhält einen Brief aus London: In einem Archiv wurden Tagebücher ihrer Urgroßmutter Franziska gefunden. Katharina wird neugierig. Wie kommt es, dass die Aufzeichnungen ihrer Urgroßmutter, einer einfachen Köchin, in London verwahrt werden?

Die Protagonistin des Romans in der Gegenwart  Katharina Raith, gelernte Schreinerin und Restauratorin hat zusammen mit ihrer Freundin Isi eine gut gehende Möbelwerkstatt, in der sie alte Möbel restaurieren. Katharina kocht sehr gerne und findet viele Rezepte in der alten, handgeschriebenen Kladde ihrer Urgroßmutter Fanny. Franziska, genannt Fanny ist die Protagonistin des Romans in der Vergangenheit. Als plötzlich ein Alex Bluebird bei Katharina auftaucht, der einige schwarze handgeschriebene Kladden und ein paar verblichene Familienfotos von Fanny für Katharina hat, ist sie völlig verblüfft, da ihres Wissens überhaupt keine Bindungen zu England bestehen und neugierig beginnt sie in den alten Kladden zu lesen. Die schwarzen alten Kladden sind das Tagebuch von Fanny, die, um der Enge ihres Elternhauses und ihrer eifersüchtigen und narzisstisch veranlagten Zwillingsschwester Fredericke, genannt Fritzi zu entfliehen, von Weiden nach München reist, um dort eine Anstellung, die ihr älterer Bruder Georg für sie gefunden hat, anzutreten. Im Zug lernt sie die gutsituierte Familie Rosengart kennen, die verwitwete Dora und ihre zwei Kinder Alina und Ruben, die auch auf dem Weg nach München sind. Als Fanny ihre Anstellung in München verliert, da sie geschlagen und drangsaliert wird, findet sie Aufnahme bei der jüdischen Familie Rosengart als Köchin. Außerdem erhält sie durch die Rosengarts Kontakt zu den Künstlerkreisen in den 20iger Jahren, zu politischen Querdenkern und damit nochmals zu einer ganz anderen Gesellschaftsschicht. Als ihre Zwillingsschwester plötzlich unangemeldet in München vor der Tür steht, brechen schwierige Zeiten an und tragische Ereignisse bestimmen Fannys und auch Fritzis weiteres Leben…..

Beide Zeitebenen sind klar voneinander getrennt, Jahresdaten über den Kapiteln und die kursiv gestellte Schrift des Tagebuches sind dabei hilfreich. Der Schreibstil ist flüssig, durchgängig leicht lesbar und das Ein oder Andere steht auch zwischen den Zeilen. Die Geschichte ist sehr emotional, ob es dabei um Freundschaft, Glück oder Familie geht, oder auch um Neid, Missgunst oder Gehässigkeiten. Die Spannungsbögen sowohl in der Gegenwart als auch in der Vergangenheit sind vom Anfang bis zum Ende sehr gut aufgebaut  und man kann das Buch fast nicht aus der Hand legen. Sehr gut beschrieben auch, welchen Repressalien  und Verfolgungen Andersdenkende  und auch Juden während der in den 20iger Jahren beginnenden  Herrschaft der Nationalsozialisten ausgesetzt waren.

Eine emotionale spannende Familiengeschichte, bei der nicht immer alles so ist, wie es zu sein scheint.