Rezension

Spannende Familiengeschichte

Die Insel der vergessenen Träume - Christiane Lind, Julia K. Rodeit

Die Insel der vergessenen Träume
von Christiane Lind Julia K. Rodeit

Bewertet mit 5 Sternen

„...So wie ihre Mutter von der Hochzeitsnacht sprach, erinnerte sie Clara an einem Besuch beim Zahnarzt. Der musste sein, war zumeist unerfreulich und man war froh, wenn man es hinter sich hatte...“

 

Das Buch beginnt heftig. Eine junge Frau wird auf Hawaii von drei Deutschen vergewaltigt und geschlagen. Sie setzt ihren Leben ein Ende, um ihre Angehörigen zu schützen.

Dann wechselt die Geschichte in die Gegenwart. Leonie hat gerade ihr Medizinstudium geschmissen. Sie war in der Pathologie umgekippt. Das war leider nicht das erste abgebrochene Studium. Nachdem auch das Praktikum als Journalistin nicht funktioniert, bekommt sie das Angebot, eine Stelle in einem Hotel auf Hawaii anzutreten. Sie weiß, dass eine Vorfahrin in Hawaii gelebt hat.

Dummerweise verpasst sie unterwegs den Anschlussflug. Als sie 24 Stunden später auf Hawaii ankommt, ist der Manager unerbittlich. Die Stelle ist weg. Sie steht ohne Job und ohne Unterkunft da.

Ein zweiter Handlungsstrang beginnt 1881. In Hamburg stirbt Claras geliebter Vater. Die Mutter heiratet erneut. Der Stiefvater will, dass Clara heiratet. Die droht ihm mit einem Skandal, wenn er sie zur Hochzeit zwingt. Doch eine geschickt eingefädelte Intrige sorgt dafür, dass Clara Robert heiratet und sich mit ihm nach Hawaii einschifft. Auf der Hochzeitsfeier bekommt sie mit, was im Hintergrund gelaufen ist.

Die Autorinnen haben einen fesselnden und abwechslungsreichen Roman geschrieben. Die Geschichte hat mich schnell in ihren Bann gezogen.

Der Schriftstil ist ausgefeilt und sorgt für einen hohen Spannungsbogen. Da immer Gegenwart und Vergangenheit wechselt, findet der Umbruch meist an einer spannenden Stelle statt.

Sehr bildhaft und mit feinen Metaphern wird die Landschaft der Garteninsel Kauai beschrieben.

 

„...Als sie unten ankamen, ließ Leonie ihren Blick in die Ferne schweifen und genoss den Anblick der großartigen Landschaft. So weit das Auge reichte, rote Felsformationen, die mit Bäumen und Moos bewachsen waren...“

 

Beide Handlungsstränge haben ihren eigenen Reiz. Und in beiden steht jeweils eine starke Frau im Mittelpunkt. Natürlich gibt es Unterschiede. Clara war eine selbstbewusste Frau, die erfahren muss, dass sie wie eine Ware auf Hawaii geschickt wurde und sich hier gegen Gewalt und Missachtung durchsetzen muss.

Leonie lernt auf Hawaii, ihr Leben in die eigenen Hände zu nehmen und herauszufinden, was sie wirklich will. Olina, Nakoas Mutter, sieht ihre Ankunft so:

 

„...Das Leben ist ein Kreislauf. […] Ein Kreislauf aus Schöpfung und Untergang. Alles ist vorherbestimmt, Irgendetwas hat dich zu uns geführt...“

 

Bei ihrer Suche nach Claras Vergangenheit stößt sie als erstes auf Informationen zu deren Mann. Und der hat vorwiegend negative Spuren auf Hawaii hinterlassen. Leonie schämt sich ihrer Verwandtschaft, doch ihr wird gesagt:

 

„...Jeder Mensch hat die Möglichkeit, aus seinem Leben etwas Einzigartiges zu machen. Vielleicht ist das deine Chance?...“

 

Dann findet Leonie im Museum Bilder, die Clara gemalt hat. Jetzt will sie genau wissen, wie die unterschiedlichen Informationen zusammenpassen.

Ausführlich wird die Geschichte Hawaiis in die Handlung eingebettet. In Claras Leben erlebe ich bewusst, wie die Einheimischen unterdrückt wurden. Nakoa gehört in der Gegenart zu denjenigen, die die alten Kultur retten wollen und sich für eine Selbstständigkeit von Hawaii einsetzen.

Auch die Legenden und Sagen der Inselwelt werden nicht ausgespart. Mir gefallen die eindringlichen Lebensweisheiten.

 

„...Das Leben ist wie das Meer. Es kommt, es geht, es verändert sich. […] Man kann es nicht besiegen, aber man kann auf seinen Wellen reiten...“

 

Inhaltsreiche Gespräche geben Einblicke in die Gedankenwelt der Protagonisten. Sowohl für Clara, als auch für Leonie wird Hawaii zu einen entscheidenden Punkt in ihrem Leben.

Ein Personenverzeichnis, ein Glossar und eine inhaltsreiches Nachwort ergänzen das Buch.

Die Geschichte hat mir ausgezeichnet gefallen.