Rezension

Spannende Geschichte

Nijura, Das Erbe der Elfenkrone
von Jenny-Mai Nuyen

Bewertet mit 3.5 Sternen

Inhalt 
Jenny-Mai Nuyen erzählt die Geschichte aus mehreren Perspektiven: Der für diese Rezension wesentliche Handlungsstrang ist der von der Halbelfe Nil. Sie wächst bei den Menschen auf und fühlt sich dort alles andere als wohl. Doch schließlich wird sie auserkoren, das Elfenvolk vor dem Untergang zu retten. Ob sie diesere Aufgabe gewachsen ist? 

Beim ersten Mal lesen war ich fasziniert davon, wie Jenny-Mai Nuyen die Handlungsstränge dieser Geschichte verstrickt. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich noch nichts Vergleichbares gelesen. Beim Hören hingegen sind mir diesmal besonders die Themen aufgefallen, die in der Geschichte angesprochen werden: So wird nicht nur die Frage aufgeworfen, wie man den richtigen Platz im Leben findet, sondern vor allem, wie weit man für die große, die einzige Liebe gehen würde. 

Was die Handlungsstränge betrifft, verhält es ich beim Hörbuch etwas schwierig, weil es zu vielen inhaltlichen Brüchen kommt. Ich vermute stark, dass es daran liegt, dass es sich hier um eine gekürzte Ausgabe handelt, in der eben auch Inhalt wegfällt. Es kann sein, dass ich es mir nur einbilde, aber ich hatte den Eindruck, dass diese inhaltlichen Kürzungen dafür gesorgt haben, dass die Geschichte viel zu schnell vorankam und es nicht immer möglich war, die Atmosphäre der Geschichte zu begreifen. Allerdings muss ich auch dazu sagen, dass ich den Vergleich zum Printexemplar habe. Ich weiß also nicht, ob das von mir beschriebene Problem wirklich auffällt, wenn man nur das Hörbuch kennt. 

Die Charaktere von Nijura - Das Erbe der Elfenkrone haben mich nach dem ersten Mal lesen sehr lange begleitet und so habe ich mich auf ein Wiedersehen mit ihnen gefreut. Nil wirkt nicht nur unsicher, sondern auch sehr zerbrechlich. Es stellt sich die Frage, ob sie die Aufgabe, die Elfen vor der Diktatur zu retten, wirklich erfüllen kann. 

Zum Glück gibt ihr Jenny-Mai Nuyen treue Gefährten an die Seite, wie beispielsweise den Prinzen der Freien Elfen, der Nil die Kultur der Elfen näherbringt, die ihr bisher verborgen blieb. 

Außerdem lernen wir Scapa kennen. Einen Jungen, der in seelischen Schmerzen zu versinken droht. Doch durch Nil bekommt sein Leben eine neue Wendung. Scapas Geschichte hat mich beim ersten Mal lesen besonders bewegt und ich finde es auch heute noch ziemlich beeindruckend, das Jenny-Mai Nuyen nicht nur ihn, sondern alle Charaktere in ihrem Debütroman so gut herausgearbeitet hat. 

Mit der Hörbuch Gestaltung verhält es sich aus meiner Sicht hier unglaublich schwierig, was aber wahrscheinlich hauptsächlich damit zu tun hat, dass ich den Vergleich zur Printausgabe habe. Gelesen wurde Jenny-Mai Nuyens Debüt von Anna Thalbach und ich war unglaublich beeindruckt davon, wie sie die Geschichte transportiert hat. Dank ihr kam ein Großteil der Atmosphäre trotz der inhaltlichen Kürzungen bei mir an. Sie verlieh Nils Zerbrechlichkeit eine Stimme, zeigte uns, wie ein Junge klingt, der keinen Weg aus der eigenen Trauer findet und schlüpft zum Schluss in die Rolle einer Egoistin. Außerdem war ich unglaublich fasziniert davon, dass Anna Thalbach die Sprache der Elfen offenbar fließend spricht. 

Der große Kritikpunkt bezieht sich bei der Hörbuchgestaltung aber darauf, dass inhaltlich einiges gekürzt wurde. Allerdings bin ich hier etwas hin- und her gerissen. Das Hörbuch ist vor über zehn Jahren erschienen. Damals waren ungekürzte Hörbücher noch sehr selten. Hörbücher werden erst seit wenigen Jahren sensibler gekürzt. Meinem subjektiven Eindruck nach zu urteilen, hat das Hörbuch als Medium erst in den letzten Jahren an Qualität gewonnen. Heutzutage ist es möglich, dass Debütautor*innen ein Hörbuch zum eigenen Titel bekommen. Ich glaube, vor einigen Jahren war das noch nicht selbstverständlich. Jenny-Mai Nuyen durfte ihren Debütroman also nicht nur bei einem großen Publikumsverlag veröffentlichen, sondern hat auch eine wirklich bekannte Hörbuchsprecherin für ihren Debütroman bekommen. Es ist also einerseits total schön, dass es zu Nijura - Das Erbe der Elfenkrone überhaupt ein Hörbuch gibt.

Andererseits glaube ich, dass die Geschichte ungekürzt sicher auch in vielen Hörbuchregalen eingezogen wäre. Inzwischen gibt es die Geschichte leider nur noch als Download, obwohl ich mir das Hörbuch sehr gut als Digifile, also mit einer aufklappbaren Hülle und vielleicht sogar mit fühlbarem Titel vorstellen könnte. (Zur Erklärung für diejenigen, die das Cover nicht sehen können: Das Printexeplar gab es zu Beginn in zwei Ausgaben: Einem blauen und einem grünen Hardcover Umschlag. Der Titel ist in der Mitte zu lesen und wird von Ornamenten verziert). 

Jenny-Mai Nuyen beeindruckte mich damals wie heute mit ihrem Schreibstil. Sie schafft es nicht nur uns die Welt nahezubringen, in der ihre Geschichte spielt, sondern arbeitet die Figuren ihres Debütromans auch unglaublich gut heraus. Wir erleben hier zwar eine leicht düstere Geschichte, die aber nicht an dem klassischen Gut/Böse Schema hängen bleibt, sondern vor allem die Gefühlswelt unserer Charaktere betont, was mir sehr gut gefallen hat. 

Gesamteindruck
Ich bin wirklich froh, dass mich Nijura - Das Erbe der Elfenkrone auch ein zweites Mal beeindrucken konnte und ich inzwischen mehr Wörter zur Verfügung habe, um meine Liebe zu dieser Geschichte zu beschreiben. 

Das Hörbuch ist vor allem für diejenigen geeignet, die ausprobieren wollen, ob ihnen das Genre Fantasy liegt. Hier lernen wir typische Stilmittel, wie beispielsweise der Konflikt zwischen Gut und Böse, der Aufbau eigener Welten, Wesen und Sprachen kennen, haben aber eine in sich abgeschlossene Geschichte und müssen nicht gleich eine Reihe mit mehreren Bänden hören.