Rezension

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Spannende Gesellschaftskritik mit leichten Schwächen

Hart auf hart - Tom Coraghessan Boyle

Hart auf hart
von Tom Coraghessan Boyle

Bewertet mit 4 Sternen

Inhalt:

Gegen die Gesellschaft – für die Freiheit: Der große Amerika-Roman von T. C. Boyle.

Absoluter Freiheitsanspruch und Verfolgungswahn – T. C. Boyle erkundet in seinem neuen Roman die dunkle Seite der USA. Adam, den seine Eltern nach etlichen Schulverweisen und Therapiesitzungen aufgegeben haben, ist eine wandelnde Zeitbombe: In der Wildnis, wo er ein Schlafmohnfeld angelegt hat, führt er ein Einsiedlerleben und hortet Waffen gegen imaginäre Feinde. Aber es gibt jemanden, der sich in ihn verliebt. Sara hat ebenfalls ausreichend Feindbilder: Spießertum, Globalisierung, Verschwörer und die Staatsgewalt. Als sie Adam am Straßenrand aufgabelt, beginnt eine leidenschaftliche Liaison. Doch bald merkt Sara, dass Adam es ernst meint mit den Feinden, sehr ernst.

 

Meinung:

Ab und zu lese ich auch sehr gerne gesellschaftskritische Romane. So auch dieses Buch, das mich von seiner Inhaltsangabe her sehr angesprochen hat. Von T. C. Boyle habe ich bisher noch nichts gelesen, aber schon einige positive Stimmen gehört bzw. gelesen.

Der Einstieg in das Buch gestaltet sich auch überraschend gut und flüssig. Sehr schnell ist man im Geschehen und begleitet den Rentner Sten auf seiner Kreuzfahrt, bzw. auf seinem Ausflug in den Costa-Ricanischen Dschungel. Bereits die Fahrt dahin ist nervenaufreibend und am Zielort angekommen wird die Touristengruppe von einer einheimischen Bande überfallen und ausgeraubt. Zumindest ist das der Plan der Band, bis Sten sich auflehnt und sich gegen die Diebe wehrt. Dabei tötet er ein Bandenmitglied und avanciert dadurch zum lokalen Helden in seiner Heimat. Genau dort trifft die Hufschmiedin Sara auf Stens Sohn Adam. Sara selber hasst Behörden und Konzerne, weigert sich die öffentlichen Autoritäten anzuerkennen und beruft sich auf Verfassungsgesetze, deren Gültigkeit zweifelhaft erscheinen. Auch Adam ist nicht ohne, sein geistiger Zustand ist mehr als labil und in seinem Verfolgungs- und Drogenwahn sieht er in alles und jedem eine Bedrohung. Die zwei bilden eine explosive Mischung und man ahnt als Leser schon, dass da was Dickes auf den Leser zukommt.

Die Protagonisten sind sehr gut ausgearbeitet. Sie bleiben ihren Verhaltensmustern treu, haben Ecken und Kanten und manch einer mag sich bestimmt in dem einen oder anderen Muster der Figuren wiederfinden können. Sten ist ein Kriegsveteran und dementsprechend hart im Nehmen. Aber er steht nicht gerne im Mittelpunkt, weswegen er einige Probleme mit seinem plötzlichen Heldentum hat. Auch dass sein Sohn Adam so labil ist, stört ihn. Auch Adams Volljährigkeit ist für ihn ein guter Vorwand, sich nicht allzu sehr mit ihm auseinander zu setzen.

Adam ist sehr schwer einzuschätzen. Man merkt schnell, dass er geistig nicht ganz zurechnungsfähig ist. Sein Drogen- und Alkoholkonsum fördern seine psychische Störung natürlich umso mehr. Deshalb rechnet man bei ihm auch mit allem und wundert sich nicht über seine Anwandlungen, Einstellungen und Handlungen.

Sehr verbohrt ist dagegen Sara. Ihre persönliche Freiheit will sie sich nicht von Gesetzen eingrenzen lassen. Anschnallpflicht im Auto? Lobbyismus und Kontrolle des Staates über den freien Bürger. Diese Einstellungen lassen sie verbittert wirken. Zwar kann sie sich auf ihre beste Freundin verlassen, trotzdem wirkt sie sehr einsam und verloren. Daher verwundert es mich nicht, dass sie sich auf jemanden wie Adam so sehr einlässt.

Wie schon geschrieben ist das Buch sehr flüssig und eingängig geschrieben. T.C. Boyles Schreibstil hat mir unheimlich gut gefallen und das Buch ist ein richtiger Pageturner. Erzählt aus der dritten Person wechselt sich die Sichtweise zwischen Sten, Sara und Adam ab. Dabei zeichnet sich nach und nach immer mehr die Dramatik ab, die die Protagonisten durchlaufen und zu einem gewaltigen Show-Down zu führen scheinen.

Spitzfindig nimmt der Autor hier gewisse Stereotypen und Gesellschaftskreise aufs Korn, weist auf Engstirnigkeit, Rassismus, Spießertum und andere Fehler hin und regt somit seine Leser zum Nachdenken an. Vorurteile und Verdrängung prägen die Figuren in diesem Drama und halten der Gesellschaft somit den Spiegel vors Gesicht.

Mein einziger Kritikpunkt ist der Abschluss der Geschichte.

ACHTUNG: SPOILER! Lesen auf eigene Gefahr ;-)

Das Ende der Geschichte leidet leider immens! Statt des erwarteten Showdowns läuft die Geschichte insgesamt eher ruhig aus, was ich extrem schade fand. Die Geschichte hat so viel Potential für einen gewaltigen Knall am Ende geboten, den der Autor einfach nicht nutzt und wirkungslos auslaufen lässt. Das hat mich richtig geärgert.

 

Fazit:

Ein Gesellschaftsdrama, das zum Nachdenken anregt und auf Missstände hinweist. Leider schafft der Roman es nicht, sein Potential bis zum Ende zu halten.

Von mir gibt es daher Abzüge und nur 4 von 5 Punkten.

(Mein Blog: vanessasbuecherecke.wordpress.com)