Rezension

Spannende Reihe mit kautziger Besetzung

Verachtung - Jussi Adler-Olsen

Verachtung
von Jussi Adler-Olsen

Bewertet mit 4.5 Sternen

Eigentlich könnte Nete Rosen ein zufriedenes und abgesichertes Leben führen, sie ist hübsch, gut situiert verheiratet und hat ein angenehmes Leben. Auf einer Feier, die sie mit ihrem Gatten besucht, konfrontiert sie jedoch ein Mann, Curt Ward, mit ihrer dunklen Vergangenheit, Ereignisse, die sie lieber ganz tief vergraben gelassen hätte. Ihr Mann stellt sie zur Rede und sie versucht sich zu erklären, erfährt aber kein Verständnis und so muss sie handeln, damit nicht alles ans Tageslicht kommt.

Ein paar Jahre später gibt es jedoch das Sonderderzernat Q, Carl Morck und seine Assistenten Assad und Rose, die sich ungeklärten Fällen annehmen. Rose stößt dabei auf eine Akte aus dem Jahr 1987, wo eine Frau namens Rita Nielsen als vermisst gemeldet wurde. Doch es bleibt nicht bei einer verschwundenen Person, denn die Nachforschungen zeigen Verbindungen zu 5 weiteren Vermissten auf. Die Spur führt sie auf die Insel Sprogø zu einer „Besserungsanstalt“ für Frauen, wo es damals zu schrecklichen Übergriffen kam, welche weitreichende Folgen nach sich zogen. Erinnert wird man dabei fast unweigerlich ein wenig an die deutsche NS Vergangenheit und wie damals mit Ethik, Moral, insgesamt Gesinnung, „Problemfällen“, mit Menschen und Körpern einfach umgegangen wurde. 

Mit einigen Nebenhandlung verstrickt und weiteren Einblicken in die Privatsphäre des Ermittler-Trios, charakterliche Darstellungen könnten aber noch mehr Tiefe vertragen und trotz schwierigem Thema, Misshandlung, Diskriminierung, blickt auch immer wieder Humor in den Dialogen durch. So treten neue Probleme mit Carls Ex Frau auf, man erfährt wieder ein wenig mehr über den immer noch geheimnisvollen Assad, der sicher noch mit einigem an Potential aufwarten kann und auch bei Rose gibt es neue Erkenntnisse zu ihrem Alter Ego Yrsa.

Dabei wechselt der Autor wie in den Vorgängerteilen und dem Thema geschuldet, zwischen der Vergangenheit 1987 und den aktuellen Geschehnissen ab, so das sich für den Zuhörer das Bild von der Geschichte unausweichlich wie zwei aufeinander rasende Züge zusammenfügt, man auf den Knall wartet und der kommt. 

Jussi Adler-Olsen schafft es meiner Ansicht nach, auch in seinem 4. Fall, der sich vom Tempo und durch die Thematik etwas zu seinen Vorgängern unterscheidet, einen sehr spannenden Fall zu konstruieren. In den vorangegangen Fällen wurde es mitunter doch sehr blutig und gewaltsam, wobei in diesem Teil mehr auf Beklemmung und seelische Grausamkeit, körperliche Übergriffe, unblutige Beschreibungen der Mordfälle fokussiert wurde. Die Motive in diesem Fall werden gut dargestellt und man könnte fast Verständnis für einige Taten haben. So wird sehr anschaulich beschrieben was ein Opfer durchgemacht haben muss, immer noch durchmacht und wie quälend diese Belastungen sind, welche Auswirkungen das für ein ganzes Leben haben kann. 

Ich könnte natürlich jetzt mit einem ganz spitzen Korrekturstift durch die Story gehen und mich fragen, ob das alles immer so glaubwürdig ist, aber das habe ich in den anderen Teilen nicht getan und muss es auch hier nicht, weil ich bestens unterhalten wurde und am Ende sogar überrascht war.

Die Stimme von Wolfram Koch passt ausgezeichnet zu den Figuren und einzelnen Darstellungen, er macht seine Sache sehr gut und ich hoffe er wird auch alle weiteren einlesen.
Nachdem ich vom „Alpahbethaus“ reichlich enttäuscht war, hat mich der 4. Teil dieser Reihe doch wieder versöhnlich gestimmt. Die Hauptdarsteller habe ich mit ihren Mucken und Macken schon ins Herz geschlossen, der Schreibstil von Adler-Olsen ist nicht schwer nachzuvollziehen, kurzweilig und doch fesselnd. Man darf gespannt sein, welches Thema sich der Autor als nächstes aus dem Fundus der ungeklärten Akten aus dem Keller vornimmt, ich werde es auf jeden Fall lesen oder hören.