Rezension

Spannender Krimi, der Hollywood zum Leben erweckt

Der Mann, der nicht mitspielt - Christof Weigold

Der Mann, der nicht mitspielt
von Christof Weigold

Bewertet mit 4.5 Sternen

Zu diesem Buch gibt es eigentlich nicht viel zu sagen, außer: Es ist sehr gut. Eine Perfekte Mischung aus spannendem Kriminalfall und Darstellung historischer Umstände und Kulissen. Für mich als großen Fan des frühen Kinos war dieses Buch eine tolle Entdeckung, denn es hat mir das Hollywood, von dem noch heute geschwärmt wird, obwohl es nicht mehr in der Form existiert, auf eine Art und Weise näher gebracht, die ich nicht erwartet hatte: Es ist viel glänzender und aufregender, aber auch viel schmutziger und abstoßender als angenommen. Wenn ich versuche, dem Roman gerecht zu werden, muss ich länger ausholen - entsprechend ausführlich fällt diese Rezension aus.

Die Glanzzeit von Hollywood

Die große Stärke dieses Romans liegt darin, dass der Autor sehr genau weiß, worüber er schreibt: Das Hollywood der 20er Jahre erwacht von der ersten Seite an zum Leben. Da ist auf der einen Seite die dreckige Stadt, die oft beinahe selbst wie eine Persönlichkeit wirkt mit all ihren sonderbaren Gegebenheiten. Dann sind da authentische Figuren, die jungen Schauspielerinnen, die alles für den Erfolg tun würden, oder die Bewohner von Chinatown, die anders als die anderen Einwanderer viel stärker unter sich bleiben und dadurch geheimnisvoll wirken. Natürlich sehen wir auch viele bekannte Persönlichkeiten, die es in der Geschichte wirklich gegeben hat: Carl Laemmle zum Beispiel, der Schwabe, der Universal Studios gegründet hat, oder Adolph Zukor, der Ungar, der im Roman "Famous Players" leitet, welches sich später in Paramount Pictures umbenennt. Sie alle bekommen schillernde Persönlichkeiten, ohne jedoch wie stereotype Abziehbilder von klischeehaft-bösen Studio-Bossen zu wirken.

Alles in diesem Roman atmet die Luft der 20er Jahre. Egal, wer man ist, egal, welchen Hintergrund man hat, jeder kann es zu etwas Großem bringen, wenn er nur zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort ist. Dieses Gefühl des amerikanischen Traums, der damals noch so wirklichkeitsnah war, steht auf jeder Seite. Trotzdem fühlt man sich als Leser nie wirklich wohl in dieser Welt. Es ist, als könnte man die Dekadenz und die Korruption unter allem riechen.

 

Ein schwer greifbarer Ermittler

Die Ermittlerfigur selbst, Hardy Engel, der ebenfalls Deutscher ist, blieb mir hingegen bis zum Schluss ungreifbar. Obwohl der Roman in der Ich-Perspektive geschrieben ist, konnte ich nie wirklich eine Verbindung zu ihm aufbauen. Gerade in der ersten Hälfte des Romans, der in insgesamt vier Abschnitte unterteilt ist, war die Ursache dafür seine erstaunliche Kompetenz: Er scheint nie Fehler zu machen, immer den richtigen Riecher zu haben und eine herausragende Menschenkenntnis zu besitzen. Über weite Strecken wirkte er wie ein bloßes Werkzeug, durch das die Geschichte erzählt werden sollte. Umso angenehmer war ich überrascht, als sich herausstellte, dass der ganze Fall deutlich komplexer ist und Hardy weit, weit entfernt davon, die Wahrheit zu kennen.

Trotzdem fällt es mir auch jetzt noch schwer, ihn wirklich zu greifen. Er ist clever und hart im Nehmen, immerhin war er Soldat im Großen Krieg und zuvor bei der Polizei in Deutschland gewesen. Darüber hinaus ist er nicht bestechbar. In einem Hollywood, das nur aus Korruption und Betrug zu bestehen scheint, fällt er damit natürlich auf. Gleichzeitig behält er bis zum Schluss einen gesunden Selbsterhaltungstrieb: Er versucht alles, um den Fall aufzuklären und an die Öffentlichkeit zu bringen, aber er versteht auch, wann er stumm bleiben muss. 

 

Überraschungen und Wendungen bis zum Schluss

Was dieser Roman mit Hilfe von Hardy Engel wunderbar schafft, ist, ganz langsam den Fall aufzubauen. Es fängt nicht direkt mit Mord an, sondern erscheint zunächst klein und unbedeutsam. Erst später stirbt die im Klappentext erwähnte Virginia Rappe und damit ist der Skandal da. Augenblicklich scheint ganz Hollywood betroffen zu sein. Doch Hardys Ermittlungen fördern immer neue Wahrheiten zu Tage, manche stellen sich davon später als Lügen heraus, manche erscheinen in neuem Licht. Da wir als Leser in Hardys Perspektive feststecken, bleiben wir genauso wie er bis zum Schluss im Dunkeln, wer es wirklich war und wer aus dem Hintergrund wo die Strippen gezogen hat. Wir sehen ihm bei der Detektivarbeit über die Schulter, können jeden Schritt nachvollziehen, aber wir sind ihm nie Voraus. Weigold spielt wundervoll mit den Eigenschaften des Ich-Erzählers, so dass es bis zum letzten Kapitel spannend bleibt, wie die Geschichte ausgeht.

In diesem Sinne stimmt es mich auch zuversichtlich, dass wir noch mehr von Hardy Engel zu lesen bekommen. Ein zweiter Teil um diesen Privatdetektiv Der blutrote Teppich ist bereits erschienen und ich kann es kaum abwarten, auch diese Geschichte zu lesen.

 

Fazit

Der Kriminalroman "Der Mann, der nicht mitspielt" von Christof Weigold versteht es meisterhaft, einen spannenden Mordfall vor der Kulisse des frühen Hollywoods zum Leben zu erwecken. Obwohl Hardy Engel bis zum Schluss eine schwer greifbare Figur bleibt, ist der Fall spannend und bis zum Schluss fragt man sich, wer nun wirklich hinter allem steckt. Für jeden Fan von Hollywood, aber auch alle, die sehr kritisch dieser Welt des schönen Scheins gegenüber stehen, ist dieser Krimi definitiv empfehlenswert!