Rezension

Spannender Krimi und Wohlfühllektüre im besten Sinne

Weiße Fracht - Gil Ribeiro

Weiße Fracht
von Gil Ribeiro

Es kommt selten vor, dass ein sogenannter „Urlaubskrimi“ all meine Erwartungen erfüllt, und noch weniger erwarte ich die Fortsetzung einer solchen Reihe mit Ungeduld – außer bei den „Lost in Fuseta“-Kriminalromanen, was mit Sicherheit der Hauptfigur geschuldet ist. Leander Lost, der Hamburger Kommissar, der sein Austauschjahr bei der portugiesischen Polícia Judiciária an der Ost-Algarve verbringt. Von seinen Kollegen oft scherzhaft Senhor Léxico genannt, weil er zum einen alles weiß, zum anderen als Asperger eine ganz besondere Sicht auf die Fragen der Existenz hat. Im zwischenmenschlichen Bereich ist er eher unbeholfen, bedient sich in der Kommunikation eines „Kompendiums sinnloser Sätze, schießt oft über das Ziel hinaus. Und obwohl er nicht lügen kann, ist er doch in der Lage, anhand seiner genauen Beobachtungsgabe bei einem Gegenüber im Bruchteil einer Sekunde festzustellen, ob dieser die Wahrheit sagt. Eine Fähigkeit, die bei Vernehmungen von unschätzbarem Nutzen ist.

Gemeinsam mit Graciana und Carlos, seinen portugiesischen Kollegen, ermittelt er im Mordfall an einem deutschen Aussteiger, dem Bruder des stellvertretenden Hamburger Polizeipräsidenten, was zur Folge hat, dass zwei ehemalige Kollegen Losts die Ermittlungen vor Ort unterstützen sollen. Dumm, überheblich und ohne Fingerspitzengefühl in ihren Aktionen, sehen Graciana und Carlos, wie geringschätzig sie ihren deutschen Freund behandeln. Und das bringt ihnen keine Sympathiepunkte ein.

Eine zweite Leiche wird gefunden, aber die Ermittlungen kommen nur stockend voran. Aber dann, der entscheidende Durchbruch, der darauf hinweist, dass die Helfershelfer eines inhaftierten Kriminellen eine große Menge Drogen auf dem Seeweg ins Land einschleusen wollen und dass der ermordete Deutsche auf irgendeine Art darin verwickelt war…

Spannend, aber „Weiße Fracht“ ist mehr als ein bloßer Kriminalroman, obwohl der Autor ein höchst interessantes Thema beleuchtet, nämlich die Kanäle, auf denen Drogenlieferungen nach Europa gelangen. Dazu die sympathischen Protagonisten, die detaillierten Landschaftsbeschreibungen, die unaufdringlichen Schilderungen der portugiesischen Lebensart, und dann natürlich auch die zwischenmenschlichen Beziehungen, die Ribeiro sehr feinfühlig beschreibt und von Band zu Band weiterentwickelt. Aber auch die Dramatik, die sich aus dem Umstand ergibt, dass das Austauschjahr des deutschen Kommissars sich dem Ende entgegen neigt und die Rückkehr nach Hamburg im Raum steht. Gerade jetzt, wo sich für ihn beruflich und im Privaten alles zum Guten zu entwickeln scheint. Als Leser drückt man ihm die Daumen, hoffend, dass dieser Kelch an ihm vorübergeht. Aber wozu hat er schließlich Freunde? Die werden schon noch eine Lösung finden, oder?

„Weiße Fracht“ unterhält im besten Sinne. Und nun beginnt wieder die Wartezeit, bis der nächste Teil der Reihe mit Leander Lost und Graciana und Carlos, seinen Freunden von der Polícia Judiciária, erscheint. Ich warte ungeduldig darauf!
 

Kommentare

hobble kommentierte am 01. Mai 2019 um 09:01

ab damit ins wunschregal