Rezension

Spannender Nachkriegsroman, der zum Nachdenken anregt

Die geliehene Schuld - Claire Winter

Die geliehene Schuld
von Claire Winter

Bewertet mit 5 Sternen

Berlin, 1949: Der Zweite Weltkrieg ist seit vier Jahren vorbei und die Menschen beginnen langsam, wieder mit etwas Hoffnung in die Zukunft zu blicken. Das geht auch der Redakteurin Vera Lessing so. Sie schreibt für die Zeitung "Echo" und hat während des Krieges ihre Angehörigen verloren. Nun möchte sie nicht mehr an die Schrecken zurückdenken, sondern nach vorne schauen. Deshalb konzentriert sie sich bei ihrer Arbeit auch auf den kulturellen Bereich. Das ändert sich allerdings schlagartig, als ihr Kollege Jonathan, der von Kindesbeinen an ihr bester Freund war, bei einem  mysteriösen Unfall ums Leben kommt. Er hinterlässt ihr in einem Paket umfangreiche Recherchearbeiten zu einem hochbrisanten Thema. Er bittet Vera, sich darum zu kümmern, dass die Öffentlichkeit erfährt was vor sich geht. Vera ahnt nicht einmal im Ansatz, in welche Gefahr sie sich bei der Erfüllung von Jonathans letztem Wunsch begibt...

Claire Winter erzählt die Geschichte aus unterschiedlichen Blickwinkeln und auf verschiedenen Zeitebenen. Da die Kapitel allerdings immer mit dem Namen der Person, die gerade im Zentrum der Handlung steht, und der Zeitebene, in der sich die Ereignisse zutragen, überschrieben sind, fällt es relativ leicht, die Übersicht zu behalten. Die Rückblenden in die Vergangenheit und die aktuellen Ereignisse nähern sich dabei stetig an und laufen zum Ende hin zusammen. Das klingt vielleicht ein wenig verwirrend, doch die Autorin sorgt dafür, dass man die Übersicht behält und beim Zusammenklappen des Buchs stellt man schließlich fest, dass die Geschichte genauso erzählt werden sollte. 

Der Einstieg in das Buch gelingt mühelos, denn man ist sofort mitten im Geschehen, da man den Journalisten Jonathan kurz vor seinem Unfall beobachtet und feststellt, dass er sich verfolgt fühlt. Die bedrohliche und angespannte Atmosphäre ist vom ersten Moment an spürbar und sorgt dafür, dass man von Anfang an in den Sog der Ereignisse gerät. Im Zentrum der aktuellen Ereignisse steht Jonathans beste Freundin Vera, die ebenfalls als Journalistin arbeitet. Sie arbeitet sich in das Thema ein, das Jonathan zum Verhängnis wurde, entdeckt dabei Unglaubliches und gerät selbst in Gefahr. In den Rückblenden beobachtet man vorwiegend Jonathans Vergangenheit und die von Marie, einer jungen Frau, die gerade ihre erste Stelle als Sekretärin im Stab Adenauers antritt. Diese Stränge nähern sich nach und nach an und laufen am Ende schlüssig zusammen. 

Auch wenn die Personen dieser Geschichte fiktiv sind, merkt man, dass die Autorin die historischen Hintergründe sehr gut recherchiert hat. Diese Informationen fließen in die Handlung ein und manchmal mag man kaum glauben, was man liest. Die Handlung liest sich sehr flüssig, denn die Spannung ist von Anfang an da und bleibt durchgehend erhalten. Dadurch fliegt man förmlich durch das Buch. Denn man möchte unbedingt erfahren, was Vera ans Licht bringt und ob es ihr gelingen wird, diese Informationen an die Öffentlichkeit zu bringen. Charaktere und Handlungsorte werden so lebendig beschrieben, dass man ganz in die unglaubliche Geschichte eintauchen und mit den Protagonisten mitfiebern kann. 

Ich habe mich beim Lesen dieses Romans sehr gut unterhalten und mochte ihn nur ungern aus der Hand legen. Ich bin förmlich in den Sog der Ereignisse geraten, konnte mich dabei kaum vom Gelesenen lösen und habe am Ende noch lange über die unglaublichen Hintergründe nachgedacht. Von mir gibt es deshalb alle fünf Bewertungssterne und eine ganz klare Leseempfehlung!