Rezension

Spannender Politthriller

Sojus - Martin von Arndt

Sojus
von Martin von Arndt

Bewertet mit 4 Sternen

„...Budapest ist geteilt, der Fluss bildet für viele immer noch die Grenze. Sie sagen: Wenn er gewollt hätte, dass aus Buda und Pest eine Stadt wird, hätte Gott nicht die Donau erschaffen...“

 

Das Buch beginnt im Jahre 1948 mit der Gründung des Staates Israel.In Tel Aviv wird Ephraim Rosenberg von Dan Vanuzzi in seiner Wohnung erwartet. Sie unterhalten sich über Ex - Kommissar Eckart, der seit ihrer Flucht nach Israel verschwunden ist. Es gelingt ihnen, Eckarts Aufenthaltsort in Amerika zu ermitteln und ihn dort rauszuholen.

Im Jahre 1956 lebt Eckart in Würzburg. Wieder erscheint Vanuzzi auf der Bildfläche. Der arbeitet mittlerweile für den englischen Geheimdienst. Eckart soll ihm helfen, ein Dossier aus Ungarn zu holen, das die Namen von KGB – Agenten enthält. Eckart ist nicht begeistert. Doch Vanuzzi hat ein gutes Argument. Einer der Agenten hat ist Eckarts unbekannter Sohn. In Ungarn aber ist gerade ein Volksaufstand ausgebrochen.

Der Autor hat einen fesselnden und vielschichtigen Thriller geschrieben. Das Buch hat mich schnell in seinen Bann gezogen. Das liegt schon allein an der unterschiedlichen Darstellung der beiden Hauptprotagonisten. Während Eckart klar charakterisiert ist, wirkt Vanuzzi undurchsichtig. Er benutzt Eckart, ohne ihm in allen Dingen die Wahrheit zu sagen. Von Eckart stammt der folgende Satz:

 

„...Ich habe immer Sympathien für soziale Gerechtigkeit, aber keine für totalitäres Denken...“

 

Eingebettet in die Geschichte ist ein Rückblick in die Vergangenheit von Eckart und Vanuzzi. Dadurch werden auch historischen Themen berührt, so der Völkermord am armenischen Volkes.

Die Vorgänge in Budapest betrachten Vanuzzi und sein Team als Außenstehende. Es werden zwar die internationalen Verquickungen umfassend dargestellt, doch die Ansichten verschiedener ungarischer Strömungen bleiben außen vor. Dazu gibt es bestenfalls kurze Zusammenfassungen.

Deutlich allerdings wird, dass die Ungarn auf Hilfe aus Europa und Amerika setzen. Die aber haben momentan ganz andere Probleme und Interessen. Vanuzzi fasst das so zusammen:

 

„...Es geht also um Strategien und Machtoptionen. Man braucht das Dossier, lässt hochgehen, wen man möchte, die anderen werden warmgehalten...“

 

Später klingt es noch krasser, als Vanuzzi seinen ungarischen Begleitern die Augen für die Realität öffnen will:

 

„...Wollt ihr wissen, was mir der MI6 noch gesagt hat? Dass es ein Geheimtreffen von amerikanischen und sowjetischen Vertretern gegeben hat. Und was ist rausgekommen? Wenn ihr euch nicht bei unserem Dreck einmischt, mischen wir uns nicht bei eurem ein...“

 

Spannend ist die Jagd durch die belagerte und umkämpfte Stadt nach dem Dossier. Schwierig wird es auch deshalb, weil Vanuzzi und Eckart zum Teil unterschiedliche Interessen verfolgen. Zu den stilistischen Höhepunkten gehören für mich die Gespräche zwischen Eckart und Sojus. Bei politischen Themen gehen logischerweise die Meinungen völlig auseinander, wobei auch Sojus geschickt die Finger in manche Wunde legt. Doch wenn sich der Dialog persönlichen Fragen zuwendet, schwingen eine Menge an unterschiedlichen und unterschwelligen Emotionen mit.

In die rasante Handlung werden häufig kurze Ruhepunkte durch vielfältige Informationen gesetzt. Dazu gehört auch ein Einblick in ungarische Geschichte.

Ein Überblick über die weitere Entwicklung in Ungarn nach dem Volksaufstand und ein aussagekräftiges Nachwort des Autors runden das Buch ab. Dort spannt er den Bogen vom Volksaufstand zum heutigen Verhalten der ungarischen Regierung.

Das Buch hat mir sehr gut gefallen.