Rezension

Spannender Schreibstil, unsympathische Charaktere

Wer war Alice
von T. R. Richmond

Bewertet mit 3 Sternen

Alice Salmon ist in der Nacht zum 5. Februar 2012 ertrunken. Die Polizei geht von einem Umfall aus, denn an genau dieser Stelle sind schon einige Unfälle passiert. (Selbst)mord? Ausgeschlossen, oder? Ihr alter Professor Jeremy Cooke gibt sich damit jedoch nicht ganz zufrieden und möchte Alice in einem Buch "wiederbeleben" lassen, indem er ihr ganzes Leben aufdeckt. Das bleibt jedoch nicht ohne Folgen. Seine Forschung lässt ihn bei vielen Leuten anecken, denn es gibt einige Geheimnisse, die nicht aufgedeckt werden sollen.

Meinung:

Das Buch ist anders aufgebaut, als man es von herkömmlichen Romanen kennt. Es besteht aus Zeitungsartikeln, Briefen, E-Mail- und Twitternachrichten, Sms und vielem mehr. Mich hat es ein wenig an "Illuminae" erinnert, auch wenn es nicht so schön gestaltet ist. Ich komme mit dieser Art von Schreibstil sehr gut zurecht, da es meiner Meinung nach der Geschichte etwas mehr Leben einhaucht.
Bei manchen Textstellen, besonders Alice‘ Zeitungsartikeln, habe ich mich aber gefragt, was sie mit der Geschichte zu tun haben oder ob das nur Lückenfüller sind. Hier habe ich das Buch dann oft zur Seite gelegt, da ich die Stellen uninteressant fand.

Das Buch ist zum Großteil sehr spannend, was vor allem durch die vielen Cliffhanger erzeugt wird. Die Geschichte beginnt ganz harmlos und ich fand, dass die Charaktere ja alle ganz nett sind. Mit jedem weiteren Dokument oder Brief kommt aber mehr und mehr deren dunkle Seite heraus und wenn ich mir anfangs noch dachte, dass Person X Alice nie etwas zuleide getan haben könnte, war ich ein paar Seiten später schon wieder anderer Meinung.

Die Charaktere waren mir alle unsympathisch. Alice ist sehr durchschnittlich, eine Frau wie du und ich, die aber ein Problem mit Männern hat – es gibt einfach zu viele in ihrem Leben. Das muss sie von ihrer Mutter geerbt haben, denn auch die hat sich mit jemandem eingelassen, der verheiratet ist, und konnte sich einfach nicht von ihm trennen. Es scheint sich alles um das Thema "Männer" zu drehen, was ich ab einem Punkt nur noch anstrengend und ermüdend fand.
Auch die anderen Charaktere haben alle sehr schlechte Eigenschaften, was sie zwar einerseits menschlich macht, aber ich habe mich oft gefragt, ob es überhaupt einen netten Menschen in Alice‘ Leben gegeben hat. Es war recht bald offensichtlich, wer letztendlich Schuld war. Die Erklärung fand ich etwas dürftig, da hätte ich mir mehr Hintergrundgeschichte gewünscht. Dafür fand ich das Ende ganz stimmig, da dem Leser Spielraum für eigene Fantasie gelassen wird.

"Wer war Alice" ist ein spannender Roman mit interessantem Aufbau, hat aber durchweg unsympathische Charaktere, mit denen ich einfach nicht warm geworden bin. Ab und an war es mir egal, wie es zu Alice‘ Tod kam, da es jeder gewesen sein könnte, wodurch ich mir nicht sicher war, ob ich überhaupt weiterlesen möchte. Ich bin ganz froh, dass ich es getan habe, aber fürs Erste möchte ich keine Krimis oder Thriller mehr lesen.