Rezension

Spannender Thriller mit leichten Schwachstellen

Die Wälder - Melanie Raabe

Die Wälder
von Melanie Raabe

Bewertet mit 4 Sternen

Zum Inhalt:
Nina hat aufgrund ihres Jobs als Ärztin kaum noch Zeit für ihren besten Freund Tim, den sie schon von klein auf kennt. Eines Tages erfährt sie, dass er an einer Überdosis gestorben ist. Dabei war er schon seit Langem wieder clean. In der Nacht vor seinem Tod hat er allerdings versucht, Nina zu erreichen. Eine verwirrende Sprachnachricht und ein geheimnisvoller Brief ist alles, was Tim zurücklässt. Nina soll seine vor vielen Jahren in den Wäldern verschwundene Schwester Gloria wiederfinden. Die schier endlosen Wälder, die ihr Heimatdorf umgeben, erinnern Nina jedoch an ihre gemeinsame düstere Vergangenheit, die sie für immer hinter sich lassen wollten. Und doch macht sich Nina auf den Weg, um Tims letzten Wunsch zu erfüllen und Glorias Verschwinden aufzuklären. Die Angst aus Kindheitstagen ist jedoch immer noch gegenwärtig...

Meine Leseerfahrung:
Nachdem ich "Der Schatten" von Melanie Raabe gelesen hatte, war ich sehr erstaunt, wie subtil die Spannung in einem eher ruhigen Thriller aufgebaut werden und den Leser fesseln kann, ohne von Gewalt und Brutalität jeglicher Art Gebrauch zu machen. Melanie Raabe versteht es gut, äußerst beklemmende Atmosphären heraufzubeschwören und die Psyche ihrer Buchcharaktere authentisch darzustellen, so dass man das Buch vor Aufregung einfach nicht mehr weglegen kann. 

Erzählt werden zwei Handlungsstränge, zwischen denen Kapitel für Kapitel geswitcht wird. So ergänzen sie sich gegen Ende der Story wie viele kleine Puzzleteile, die zusammengesetzt werden und zu einem Aha-Effekt führen. "Die Wälder" hat allerdings eine kleine Schwachstelle. Je näher man der Auflösung kommt, desto mehr fühlen sich einige Aspekte der Geschichte auf Biegen und Brechen inszeniert an, als hätte man mit aller Kraft versucht, nach den nervenaufreibenden Kapiteln einen befriedigenden Abschluss zu finden. 

Das scheint mir auch ein Markenzeichen der Autorin zu sein und ist um Grunde genommen nicht zu beanstanden, da man das Buch zufrieden zuklappen und mit dem Gelesenen wunderbar abschließen kann. Allerdings wirkte die Darstellung, wie sich alles gegen Ende zusammenfügt, seltsamerweise sehr künstlich an.

Dennoch handelt es sich bei diesem Buch um einen lesenswerten Roman, der hervorragend aufzeigt, auf welche Weise Bedrohungen und Gefahren von kindlichem Geiste aufgenommen und verarbeitet werden können. Dieser Thriller zeigt gekonnt, dass zur Bewältigung eines angejahrten Traumas eine Menge Mut und Entscheidungsstärke nötig ist. Allein deswegen lohnt es sich, sich in die beklemmende Umgebung, die Melanie Raabe geschaffen hat, zu begeben und sich eventuell auch den eigenen Dämonen zu stellen.

Fazit:
Ein solider ruhiger Thriller mit viel Spannung, der leider gegen Ende etwas gestellt und zwanghaft konstruiert wirkt, um unbedingt ein zufriedenstellendes Ende zu erlangen. Dennoch ist die Story rasant spannend und daher sehr lesenswert.