Rezension

Spannender u. unterhaltsamer Krimi vom Feinsten

Der Verein der Linkshänder - Håkan Nesser

Der Verein der Linkshänder
von Håkan Nesser

Bewertet mit 4 Sternen

REZENSION – Eigentlich hatte der schwedische Schriftsteller Håkan Nesser (69) seinen Ex-Kommissar Van Veeteren, die „lebende Legende der Maasdamer Kriminalpolizei“, schon vor 16 Jahren im zehnten Band dieser Krimireihe, „Sein letzter Fall“ (2003), endgültig den verdienten Ruhestand genießen lassen wollen. Doch die in über 20 Sprachen übersetzte Erfolgsreihe – oder war es Nessers Verlag? - verlangte wohl eine Fortsetzung. So sieht sich also Van Veeteren kurz vor seinem gefürchteten 75. Geburtstag im kürzlich auf Deutsch erschienenen Roman „Der Verein der Linkshänder“ doch gezwungen, einen 20 Jahre zurückliegenden Mordfall erneut aufzurollen.

Denn unerwartet besucht ihn sein früherer Mitarbeiter Kommissar Münster und berichtet dem Pensionär, man habe die verweste Leiche von Qvintus Maasenegger gefunden – ausgerechnet jenes Mannes, dem Van Veeteren 1991 den Mord an dessen vier Freunden angelastet hatte, die damals beim Brand in Mollys Pension in Oosterby umgekommen waren. Sie und Maasenegger waren Mitglieder des schon 1958 in Schulzeiten gegründeten Vereins der Linkshänder. Da Maasenegger aber verschwunden war, hatte man ihn schnell zum Mörder erklärt, international zur Fahndung ausgeschrieben und damit den Fall abgeschlossen. Nach Auffinden von Maaseneggers Leiche nahe dem damaligen Tatort muss folglich eine sechste, völlig unbekannte Person der Täter gewesen sein.

Nun trifft es sich gut, dass Van Veeteren auf der Flucht vor Gratulanten ohnehin seinen 75. Geburtstag gemeinsam mit Lebensgefährtin Ulrike Fremdli in einem Hotel nahe Oosterby verbringen will. Obwohl sich Van Veeteren an der neuen Wendung des alten Mordfalles scheinbar völlig uninteressiert gibt, wurmt es ihn natürlich ungemein, damals diesen Fehler gemacht zu haben. Seine Lebensgefährtin durchschaut ihn, und beide nutzen ihre wenigen Ferientage zur endgültigen Lösung dieses ominösen Falles.

Anfangs wirkt der Roman „Der Verein der Linkshänder“ durch den ständigen Wechsel von vier Zeitebenen (1958/1969/1991/2012) ziemlich irritierend. Doch man liest sich schnell ein und behält doch den Überblick, obwohl sich der Autor nicht nur zeitlich, sondern sogar in der Handlung auf unterschiedlichen Ebenen bewegt: Einerseits schildert er die Aufklärungsarbeit Van Veeterens und seiner heute für die Ermittlung zuständigen Kollegen. Dazwischen lesen wir Briefe oder Tagebucheinträge von Clara Behrens, der einzigen Überlebenden der Linkshänder. Sie hatte 1991 ihre Zwillingsschwester Brigitte vertretungsweise in Mollys Pension geschickt. Seitdem lebt nun Clara, die ja offiziell tot ist, mit der Identität Brigittes weiter. Schließlich kommt sogar noch der schwedische Kriminalinspektor Gunnar Barbarotti mit seiner Kollegin und neuen Freundin Eva Backman ins Spiel, Hauptfigur in Håkan Nessers zweiter erfolgreicher Krimireihe, die doch eigentlich schon 2012 nach dem fünften Barbarotti-Band abgeschlossen schien.

Trotz dieser häufigen Wechsel von Zeiten, Orten und Personen gelingt es dem Autor sehr geschickt, seine vielen „Fäden“ am Ende schlüssig zusammenzuführen. „Der Verein der Linkshänder“ ist ein psychologischer Kriminalroman, der nicht nur in seiner durchgängig gehaltenen Spannung überzeugt. Denn gerade die ironisch-philosophischen Dialoge zwischen dem alternden, oft wegen seines Alters jammernden Van Veeteren und seiner nur wenige Jahre jüngeren Lebensgefährtin sowie der ebenfalls recht trockene Humor im Miteinander des Paares Barbarotti und Eva Backman lassen häufig schmunzeln, geben diesem Roman seine spezielle Note und machen ihn lesenswert. Warum aber Barbarotti unbedingt im letzten Teil dieses elften Van-Veeteren-Krimis erscheinen muss, bleibt ein Rätsel: Er trägt nichts zur Lösung des Falles bei und unterscheidet sich in seiner Art kaum von Van Veeteren.