Rezension

Spannendes Hörbuch mit Elementen aus verschiedenen Genres

Spreeblut - Karsten Krepinsky

Spreeblut
von Karsten Krepinsky

Bewertet mit 4 Sternen

Inhalt:

Im Großraum Berlin verschwinden in regelmäßigen Abständen von einem Jahr etliche Frauen spurlos unter mysteriösen Umständen. Da es jedoch keine Anhaltspunkte über den Verbleib der Frauen gibt, und darüber ob sie einem Verbrechen zum Opfer gefallen sind, geschweige denn dass eine Leiche gefunden wird, legt die Polizei diese Fälle nach einiger Zeit zu den Akten, im Glauben, die Frauen sind freiwillig verschwunden.

Als Ana gerade eine der Vermisstenanzeigen einer der verschwundenen Frauen liest, wird sie von einem Unbekannten angesprochen, der sich als Jan vorstellt und sie in ein Gespräch über die Vermissten verwickelt. Obwohl Ana, die sich in einer lieblosen Ehe mit dem gewalttätigen Francois befindet, ihre Fassade der glücklichen Ehefrau aus gehobenen Kreisen aufrechterhalten will, beginnt sie sich mit Jan zu treffen und auf eigene Faust zu den Vermisstenfällen zu recherchieren. Als sich Hinweise darauf verdichten, dass sich die Serie von mysteriösen Vermisstenfällen nicht nur über Jahre sondern bereits über viele Jahrzehnte zurückverfolgen lässt, wird bald klar, dass es sich hierbei um einen sehr speziellen Täter handeln muss.

 

Schreibstil:

Das Hörbuch beginnt bereits sehr verstörend aus Sicht des Mörders mit den Worten: "Ich bin 163 Jahre alt. Zumindest ist das die Anzahl der Morde, an die ich mich erinnere. Für jedes Jahr ein Menschenleben.", wobei man nicht weiß, ob man es hier mit einem geistesgestörten Irren oder mit einem bis dato unbekannten Wesen zu tun hat. Im Verlauf der Geschichte ändert sich permanent der Blickwinkel, aus dem die Geschichte erzählt wird, einmal wird die Geschichte aus der Perspektive des Opfers geschildert, dann wieder aus Sicht des Mörders, dann wieder aus dem Blickwinkel der recherchierenden Ana, wobei man dabei auch sehr viel über deren Gefühlswelt erfährt. Dieses Vorgehen macht die Erzählung erst so richtig spannend, denn als Hörer weiß man lange Zeit nicht, worauf diese Geschichte hinausläuft: Ist es ein Krimi, ein Thriller im Stile einer verhängnisvollen Affäre, oder hat man es doch mit einem Mystery-Roman zu tun, der mit Horrorelementen gespickt ist? Eins schon vorweg: dieses Vorgehen bringt einige Überraschungen mit sich!

Darüber hinaus bekommt man häppchenweise Hinweise auf den Täter geliefert, man vermag diese Mosaikstücke jedoch nicht miteinander zu kombinieren, erst gegen Ende setzen sich die Fragmente zu einem schlüssigen Gesamtbild des Täters zusammen.

 

Charaktere:

Die Protagonistin Ana, gebürtige Ukrainerin aus ärmlicheren Verhältnissen, findet sich schon bald nach ihrer Hochzeit mit Francois in einer lieblosen Ehe wieder, in der sie nach Belieben von ihrem gewalttägigen Ehemann misshandelt und betrogen wird. Sie hält still, wahrt den glamourösen Schein nach außen und mimt die glückliche Ehefrau, aus Angst, ihre Eltern in der alten Heimat nicht mehr finanziell unterstützen zu können. Um der Realität zu entfliehen und ihren Alltag meistern zu können, sucht sie Trost im Alkohol, was sie nur noch tiefer in eine Spirale aus Sucht und Gewalt zieht. Auf mich wirkt sie in ihrem Tun sehr passiv und zaudernd, der Preis den sie für ein Leben im goldenen Käfig bezahlt, indem sie jahrelang schwerste Misshandlungen über sich ergehen lässt, erscheint mir viel zu hoch und ist für mich nicht nachzuvollziehen. Jan hingegen in seiner extrem zuvorkommenden Art wirkt auf mich so aufgesetzt, dass ich bei ihm permanent das Gefühl habe, dass er etwas im Schilde führt – nicht die besten Voraussetzungen, um ihn vorbehaltlos sympathisch zu finden.

 

Cover:

Dies ist eines jener Coverbilder, die zwar recht geheimnisvoll und blutrünstig wirken, bei denen man anfangs aber nicht genau sagen kann, was man eigentlich sieht. Erst mit der Auflösung der Geschichte lichtet sich der Nebel und man erkennt deutlich das Bild. Eine tolle graphische Umsetzung, die in gewisser Weise den gesamten Verlauf der Geschichte widerspiegelt.

 

Autor:

Karsten Krepinsky stammt aus Berlin, wo er heute als promovierter Biologe in einem Start-Up-Unternehmen arbeitet. In seinen Büchern fließen jeweils Elemente verschiedenster Genres, wie etwa Horror, Science-Fiction, Mystery oder Thriller ein.

 

Sprecherin:

Mit Franziska Pigulla wurde die Sprecherrolle meiner Meinung nach optimal besetzt. Ihre beruhigend wirkende Stimme steht setzt einen Kontrapunkt zur spannenden Handlung. Darüber hinaus wurde phasenweise mit Hall gearbeitet, um das Geheimnisvolle rund um den Mörder hervorzuheben.

 

Meinung:

Aufgrund der Tatsache, dass sich das Buch so schwer in irgendeine Schublade einordnen ließ, war ich beim Zuhören auf alles gefasst und stellte viele Handlungsweisen der Protagonisten in Frage, weil ich hinter allem eine gefinkelt gelegte falsche Fährte des Autors vermutete. Sehr gut fand ich die Art und Weise, wie man es schaffte, wie die gruselige Atmosphäre einzufangen, die sich jedes Mal ausbreitet, kurz bevor der Täter zuschlägt. Diese Passagen wirken im Zuhörer auch Tage später noch nach, da kann es durchaus passieren, dass man ein mulmiges Gefühl bekommt, wenn man gezwungen ist, spätabends eine menschenleere U-Bahnstation zu betreten….

 

Persönliche Kritikpunkte:

Ich tat mir manchmal schwer, die Beweggründe der einzelnen Charaktere nachzuvollziehen, wodurch ich mich mit keinem der Hauptakteure identifizieren konnte. Ana war mir oftmals zu passiv in ihrem Tun, Jan wiederum wirkte auf mich zu glatt und übertrieben zuvorkommend.

 

Fazit:

Ein sehr spannendes und auch ungewöhnliches Werk, das ich jenem ans Herz legen würde, der Hörbücher mag, die sich schwer in ein spezielles Genre einordnen lassen!