Rezension

Spannendes Thema

Gated - Die letzten 12 Tage - Amy Christine Parker

Gated - Die letzten 12 Tage
von Amy Christine Parker

Nachdem ich den Klappentext von »Gated« gelesen hatte, wurde ich sofort neugierig. Gerade die Realitätsnähe lässt einen ein Buch erwarten, bei dem es einem eiskalt über den Rücken läuft. Jeder kennt Berichte von irgendwelchen Sekten, die Massenselbstmord begehen oder Reportagen von Aussteigern, denen das Leben zur Hölle gemacht wird. Gerade Amerika ist beliebt bei Weltuntergangssekten und falschen Propheten. Es gibt viele Gruppierungen hinter denen wohl mehr steckt, als man vermutet.
Genau aus diesen Gründe wollte ich wissen, wie die Autorin das Thema umsetzt.
Lylas Familie erleidet einen schweren Schicksalsschlag. Direkt vor der Haustür wird ihre ältere Schwerster entführt und verschwindet spurlos. Nur kurze Zeit später werden die Twintowers von Terroristen zerstört. Die Familie glaubt, nur vom Bösen umgeben zu sein. Schutz und Trost finden sie beim Pioneer, der sich liebevoll um sie kümmert. Zusammen mit anderen Familien folgen sie ihm in die Siedlung Mandrodage Meadows, um auf das Ende aller Tage zu warten, dass alle bösen Menschen vernichten soll. Doch wenige Tage vor dem angekündigten Weltuntergang kommen Lyla Zweifel.
Das Buch beginnt 3 Monate bevor die Welt eigentlich laut Pioneer untergehen soll und wird aus Lylas Sicht erzählt. Obwohl sie krampfhaft versucht, sich anzupassen und dazu zu gehören, fällt es ihr doch schwer, sich an alle Vorgaben der kleinen Gemeinschaft zu halten. Es wird einem schnell klar, dass Lyla ein armes, unterdrücktes Mädchen ist, aber dass sie Verstand und einen eigenen Willen hat. Das macht sie dem Leser sehr schnell sympathisch. Natürlich möchte man sie gelegentlich schütteln und aufwecken, aber die Darstellung einer jungen Person, die seit 10 Jahren in diesem Glauben erzogen wird, ist schon sehr realistisch. So ein Verhalten kann sich schließlich nicht von heute auf morgen ändern. Das muss langsam kommen, schleichend.
Ich finde Lylas Entwicklung total gut umgesetzt und total spannend. Gerade auch, weil die Uhr tickt und die Gemeinde schon bald zum Schutz in ihren Bunker ziehen will. Einerseits diese Angst vor der Außenwelt und den Zweifel an der Gemeinde aufzuzeigen ist schon sehr schwer, aber gut gelungen. Es sind die süßen Augen eines Jungen, die sie daran glauben lassen, dass nicht alles außerhalb der Gemeinde schlecht sein kann.
Schnell kommen also Fragen auf: Schafft Lyla es aus den Fängen des Pioneers? Was ist mit ihrer Familie? Was ist mit ihren Freunden? Alles spitzt sich zu und eskaliert in einem dramatischen Finale, das – in meinen Augen – etwas sehr amerikanisch ist. Aber auch das macht es irgendwie nur noch authentischer.
Der Schreibstil ist locker, der Erzählerin angepasst und wird von Lylas Gedanken und Zweifel dominiert. So lässt es sich zwar schnell lesen, aber man ist der Protagonistin sehr nah und kann mit ihr fühlen. In Rückblenden erzählt Lyla wie sie überhaupt an Pioneer geraten sind und so entwickelt sich das Bild der Gemeinde nach und nach. Besonders gelungen sind die verschiedenen Zitate, die jedes Kapitel passend einleiten.
Als Hacken muss ich die anderen Charaktere nennen, die mir leider teilweise etwas blass bleiben. Es sind gute Ansetze drin, wie z.B. die Mutter, die immer über die Schuhe der verschwundenen Schwerster streicht. Aber irgendwie wurde ich mit den anderen Rollen nicht warm und konnte keine Verbindung zu ihnen aufbauen. Dadurch waren sie mir alle leider egal. Außer Pioneer, der wirklich großartig herausgearbeitet wurde und einen beeindruckenden Anführer darstellt. Natürlich ist er dabei auch grausam und furchteinflößend.

Ein wirklich spannendes Thema angenehm und leicht verpackt, so dass man schnell eintaucht und mitfiebert. Gerade die Realitätsnähe lässt einen manchmal erschauern und macht das Buch zu einem stimmigen Gesamtpaket. Wer sich für Sekten und ihre Einflüsse interessiert, wird mit »Gated« ein ansprechendes Buch in den Händen halten.