Rezension

Spannendes Thema, aber schwache Charaktere

Der Circle - Dave Eggers

Der Circle
von Dave Eggers

Der Titel “Der Circle” in Kombination mit dem Coverbild, das durch den roten Hintergrund und die Zeichnung in der Mitte sofort ins Auge sticht, fängt die Aufmerksamkeit des Lesers ein, da man mit beidem erstmal nichts anfangen kann solange man den Inhalt des Buches nicht kennt. Um den Titel zu verstehen, reicht es, den Klappentext zu lesen, denn der “Circle” ist die Firma, um die sich Dave Eggers neuestes Werk dreht.

“Der Circle” hatte mich aufgrund seiner vielen guten Kritiken in der Literatur- und Bloggerwelt neugierig gemacht. Obwohl Zukunfts-Szenarien an sich nicht so mein favorisiertes Thema in Büchern sind, hat mich der Klappentext gerade in Zeiten von NSA und Co. neugierig gemacht.
Leider fiel mir schon der Einstieg in das Buch recht schwer und es wurde auch nicht wirklich besser. Obwohl der Plot an sich viel Potential bietet, hat “Der Circle” vor allem zwei wesentliche Schwächen: schwache Charaktere und viele Wiederholungen. Mae, die Protagonistin des Buches, ist so naiv, dass es schon weh tut und deshalb leider gar nicht sympathisch. Es kam während des Lesens so oft vor, dass ich sie am liebsten anschreien und schütteln wollte, weil ich ihre Naivität nicht ertragen konnte. Sie erscheint dadurch insgesamt unglaubwürdig, was im Übrigen auch auf einzelne Elemente der Story zutrifft. So wirkt beispielsweise ihr rasanter Aufstieg auf der Karriereleiter des Circle derart konstruiert, dass man nur die Augen verdrehen kann. Aber auch die anderen Figuren wie Kollegen, Eltern, Freunde und Liebhaber waren alle irgendwie charakterlos und blutleer. Einzig Maes Ex-Freund Mercer konnte mich überzeugen.
Die Story rund um den Circle und seine Programme bzw. Erfindungen war größtenteils schon interessant. Der Leser bekommt einen guten Einblick in die Praktiken der Internetriesen wie Facebook, Google, Amazon, etc., die natürlich im Buch nie namentlich erwähnt werden, die die fiktive Firma “Circle” aber in sich vereint. Dave Eggers zeigt auf welche Auswirkungen das Internet auf die Privatsphäre jedes Einzelnen haben kann. Was anfangs alles noch als praktisch und komfortabel erscheint, spitzt sich immer mehr zur totalen Überwachung zu, die (verständlicherweise) nicht jedem gefällt. Je mehr sich der “Circle” schließt (=Totalüberwachung jedes Einzelnen), umso spannender wird es auch, wenngleich die Dramatik auf den letzten 100 Seiten teilweise etwas konstruiert und zu bemüht wirkt. Ein Thriller ist dieses Buch jedenfalls definitiv nicht, denn für einen Thriller sollte eine kontinuierliche Spannung erzeugt werden, was durch die vielen Wiederholungen und eine oft vorhersehbare Handlung leider nicht der Fall war. Dem Buch hätten 100 Seiten weniger gut getan, da man die vielen Wiederholungen nur noch überfliegt und sich denkt “Ja doch. Ich habe es schon beim ersten Mal verstanden.” Das Ende hat mir wiederum sehr gut gefallen, da der Autor hier wenigstens nicht noch die Moralkeule schwingt.
Kurz erwähnen muss ich auch noch die “Aquariums”-Metapher, die ja in vielen Rezensionen gelobt wird. Für meinen Geschmack war diese Metapher vom gefräßigen Hai, der alles um sich herum verspeist, viel zu plump und passte so gar nicht in den Plot.

Mein Fazit: Mit “Der Circle” zeigt Dave Eggers welche Auswirkungen das Internet auf die Privatsphäre jedes Einzelnen haben kann. Trotz der spannenden Thematik konnten meine Erwartungen an die Geschichte leider nicht erfüllt werden. Schuld daran waren vor allem eine naive, unglaubwürdige Protagonistin, eine lineare Handlung ohne Überraschungen und etliche Wiederholungen.