Rezension

Spannendes Thema, sprachlich interessant umgesetzt

Talk, Talk. Roman (erweiterte Ausgabe) - Tom Coraghessan Boyle

Talk, Talk. Roman (erweiterte Ausgabe)
von Tom Coraghessan Boyle

Bewertet mit 4 Sternen

Anmerkung:

Ich habe nur die normale Ausgabe gelesen (finde ich hier sonst nur auf englisch) und kann daher zu der Erweiterung keine Aussagen treffen...

Inhalt:

Dana Halter ist gehörlos. Eigentlich kein Problem für sie. Sie hat einen Job als Lehrerin in einer Schule für Gehörlose, eine feste Beziehung und findet sich auch sonst gut in der Welt der Hörenden zurecht. Doch dann wird ihre Identität gestohlen und sie wird wegen Verbrechen festgenommen, die sie nie begangen hat, und plötzlich steht ihr Leben auf dem Kopf. Dana bekommt zu spüren, dass es schwieriger ist zu beweisen, wer man wirklich ist, als eine fremde Identität anzunehmen und muss erkennen, dass ihr die Justiz dabei keine Hilfe ist. Schließlich macht sie sich zusammen mit ihrem Freund Bridger selbst auf die Suche nach dem Identitätsdieb, was nicht nur Auswirkungen auf dessen Leben hat, sondern vor allem auch auf ihr eigenes.

Meine Meinung:

T.C. Boyle schildert in "Talk Talk" ein brisantes, aktuelles Thema und dies auf eine weise, die zugleich spannend und sprachlich faszinierend ist.
Zwischen den drei Hauptfiguren (Dana, Bridger und der Identitätsdieb) entwickelt sich eine Art Dreiecksgeschichte, deren Handlungen sich immer wieder Kreuzen. Dieser Effekt wird dadurch verstärkt, dass der Roman aus eben diesen drei verschiedenen Sichtweisen geschrieben ist. Man bekommt auf diese Art einen Einblick in die Leben, Persönlichkeiten und Hintergründe aller drei Hauptfiguren, erfährt etwas über ihre Beweggründe und ihre Vergangenheit. Ein Abschnitt des Buches, der eigentlich Danas Sicht der Ereignisse beschreibt, fasst diesen Erzählstil meiner Minung nach sehr gut zusammen: "(...) und für den winzigsten Bruchteil einer Sekunde fragte sie sich, wie sie - sie, Bridger und der Dieb -  in dieses Szenario mit seinen wechselnden Perspektiven und der dekonstruierten Erzählweise paßten." (S. 234)  Besonders die Teile, die aus Danas Sichtweise geschrieben sind, haben mir sehr gut gefallen, denn Boyle schafft es mit dem geschriebenen Wort den Leser in Danas stumme Welt mitzunehmen. Er beschreibt wie sie die Welt mitbekommt, ihre Art der Kommunikation. "Sie buchstabierte seinen Namen mit den Fingern, und das war etwas sowohl Intimes als auch Formelles. Es war intim, weil es persönlich war, weil sie ihn mit Namen ansprach, anstatt mit dem rechten Zeigefinger auf ihn zu deuten - du -, und es war formell, weil es wie etwas wirkte, was eine Mutter oder Lehrerin tat, wenn sie um ihr Mißfallen zu bekunden, den vollen Namen des Übeltäters benutzte. Charles anstatt Charlie. William anstatt Billy. B-r-i-d-g-e-r, du kommunizierst nicht." (S.112). Ich finde Danas Persönlichkeit gut entwickelt. Sie ist zwar gutaussehend und selbstbewusst, aber eben auch gehörlos. Sie ist eine Kämpferin, eine starke Persönlichkeit, hat aber trotzdem auch Probleme und Fehler. Auch die anderen Charaktere sind nicht nur gut, beziehungsweise schlecht. Sie sind einfach menschlich.

Fazit:

Mich hat das Buch nach den ersten beiden Kapiteln gefangen und bis zum Ende fasziniert. Den Anfang brauchte ich noch um mich an die Sprache zu gewöhnen, die ich danach dafür umso besser fand. Ich kann dieses Buch wirklich jedem weiterempfehlen, der einerseits eine spannende Geschichte lesen möchte, der aber daneben auch auf interessante Charaktere Wert legt. Außerdem muss ich an dieser Stelle den Übersetzer einmal loben, der meiner Meinung nach einen wirklich guten Job gemacht hat.