Rezension

Spannung, Abenteuer und Nervenkitzel im viktorianischen London

Der Fall der linkshändigen Lady - Nancy Springer

Der Fall der linkshändigen Lady
von Nancy Springer

Bewertet mit 5 Sternen

Nach ihrer spektakulären Flucht konnte sich Enola erfolgreich niederlassen. Als angehende Perditorin übernimmt sie ihren ersten Fall. Die vierzehnjährige Lady Cecily ist spurlos bei Nacht aus ihrem Schlafzimmer verschwunden. Immer auf der Hut vor ihren Brüdern, beginnt Enola das Rätsel zu Lösen

Enola versteckt sich vor den Augen ihrer Brüder in London. Obwohl sie immer noch nach ihrer Mutter sucht konnte sie sich erfolgreich niederlassen. Sie bewohnt ein kleines Zimmer in einer heruntergekommenen Herberge und arbeitet verkleidet als Ivy Meshle bei einem Perditor namens Dr. Ragostin. Der erste Fall, den sie annimmt ist die Suche nach der vierzehnjährigen Lady Cecily, welche auf mysteriöse Weise aus ihrem Schlafzimmer verschwunden ist. Bei der gefährlichen Jagd nach Informationen liefert sie sich ein spannendes Katz-und-Maus-Spiel mit ihrem Bruder, dem berühmten Detektiv Sherlock Holmes. Um die Lady zu retten und nicht selbst gefangen zu werden, muss sie mehr als einmal Cleverness, Geschick und Entschlusskraft beweisen. Dabei gerät sie mehr als einmal in tödliche Gefahr.

Enola Holmes ist die jüngere Schwester von Mycroft und Sherlock Holmes. Sie möchte ihren Brüdern unbedingt beweisen, dass sie auf eigenen Füßen stehen kann und entzieht sich ihrer Kontrolle. Ihre Leidenschaft ist das Suchen und Finden vermisster Personen bzw. Gegenstände. Sehr gern würde Enola als Perditorin Anerkennung in der Gesellschaft finden. Ein Perditor ist, laut Definition der Autorin, ein professioneller Sucher vermisster Personen.

Um ihren Brüdern zu entgehen muss Enola immer wieder auf ungewöhnliche Verkleidungen zurückgreifen. Sie ist emanzipiert, selbstbewusst, risikofreudig, clever und unangepasst. Von ihrer Mutter zu einer selbständigen jungen Frau erzogen, ist es für Enola absolut nicht akzeptabel, sich den Entscheidungen ihrer Brüder zu unterwerfen. Der spannende Jugendkrimi beginnt im Januar 1889. Zu dieser Zeit wurde von Frauen der gesellschaftlichen Oberschicht erwartet, dass sie „singende, tanzende, Französisch zitierende, elegant in Ohnmacht fallende Dekorationen für jeden aristokratischen Salon“ sind. Sie hatten keinerlei Rechte und mussten sich einem männlichen Vormund unterwerfen. Enolas Mutter hatte als Künstlerin, Freidenkerin und Frauenrechtlerin den unbändigen Drang sich der gesetzlichen Vormundschaft ihres Sohnes Mycroft zu entziehen. Sie plante nicht nur ihre eigenen Flucht, sondern auch die ihrer Tochter Enola. Obwohl das Leben in Freiheit für Enola viele Gefahren bereit hält, will sie den mühsam erkämpften Status auf keinen Fall aufgeben.

Die von Enola in der Ich-Form im Präteritum erzählten spannenden Ereignisse sind eingerahmt von Prolog und Epilog eines auktorialen Erzählers. Der Prolog entführt seine Leser in eine in einen Herrenclub in welchem sich ein sehr besorgter Sherlock um seine Schwester sorgt und mit dem älteren Bruder erregt diskutiert. Im Epilog wird die Krimigeschichte durch eine weitere Szene mit Sherlock perfekt abgerundet.

Dieses Buch ist der zweite Band einer abenteuerlichen Krimireihe um Enola Holmes. Die Story ist in sich abgeschlossen. Eine spannende Handlung, beklemmendes Setting, finstere Charaktere und eine außergewöhnliche Protagonistin entführen die Leser in das viktorianische London. Schreibstil und Wortwahl schaffen den Spagat zwischen historisch angepasst und jugendlich frisch perfekt. Die Anteile von Handlung, Setting und Dialog sind im Text ausgewogen und zu keiner Zeit langweilig. Buch- bzw. Textumfang sind verhältnismäßig gering und daher perfekt für kleine Lesemuffel.

Das Buch ist für Leser*innen ab 12 Jahre sehr zu empfehlen. Eine wundervolle, spannende und kurzweilige Lektüre für eine vergnügliche Lesezeit. Mit Begeisterung verfolgen wir die geplante Verfilmung der Serie und freuen uns auf den nächste Band.