Rezension

Spannung trifft Brutalität

Lazarus - Lars Kepler

Lazarus
von Lars Kepler

Bewertet mit 4.5 Sternen

Von der ersten bis zur letzten Seite spannend! Aber es hat seinen Preis: Das Ausmaß an Brutalität ist ganz sicher nicht für jedermanns Nerven erträglich.

Als in der Wohnung eines Grabschänders der Schädel von Joona Linnas Ehefrau gefunden wird, weiß er ganz genau: Sein schlimmster Feind, Jurek Walter, lebt und wird weiterhin den perfiden Plan verfolgen, Menschen, die Joona nahe stehen, zu töten. 

Das Autorenduo Lars Kepler beweist im siebten Band dieser Reihe wieder einmal, dass durchgängige Spannung über mehr als 600 Seiten möglich ist.

In knappen, konsequent deskriptiven Sätzen werden Sachverhalte und Handlungen geschildert. Die Emotionen entstehen erst im Lesenden, denn das, was so nüchtern dargestellt wird, bringt eine ganze Palette an Gefühlen zum Klingen. Grausamkeiten, die teilweise wie beiläufig erscheinen, gepaart mit der Überlegenheit des Bösen - das produziert neben Mitleid, Entsetzen, Bangen, Gruseln, Angst auch Herzrasen und Kopfhautkribbeln. 

Dass manchmal Dinge kurz wiederholt werden, fällt kaum auf. Es stört auch nicht. Im Gegenteil, mitunter hilft es bei der raschen Orientierung und beim zügigen Lesen. Und zügig muss es sein, alles andere wäre bei diesem Nervenkitzel eine Qual.

Eine der Hauptkompetenzen der Autoren liegt sicher darin, Personen unverwechselbar zu gestalten. Ob es der nachdenkliche, geniale Ermittler ist, der auf Anhieb Sympathien auf sich zieht, sein abgrundtief böser, rachedurstiger Gegner, die kleine Pellerina, die trotz Trisomie 21 so tapfer wie pfiffig ist, oder sonst irgendjemand: Alle haben einen absoluten Wiedererkennungswert. 

Auch wenn viele andere in die Schusslinie geraten, geht es hier letztlich um das Duell zwischen dem blonden Finnen und seinem Kontrahenten. Die Pläne, die Joona beizeiten ausgeklügelt hat, um sich und die Seinen im Bedarfsfall zu schützen, wirken wie die Auswüchse eines Paranoikers. Doch man ahnt, dass all die getroffenen Maßnahmen letztendlich nur eine Skala für die tatsächliche Gefahr darstellen. Und die erweist sich als beinahe übermächtig. Aktionen und Gegenaktionen schaukeln sich zu Superlativen auf. Da könnte die skeptische Frage nach Realitätsnähe auftauchen, doch wer möchte bei einem solchen Unterhaltungslevel kleinlich werden? 

Was jedoch tatsächlich je nach Sensibilität den Genuss dieses unglaublich fesselnden Schwedenkrimis etwas beinträchtigen könnte, ist das Ausmaß an Brutalität. Damit umzugehen, bedeutet sicher für einige Seelen eine immense Herausforderung.