Rezension

Spannungsgeladener Roman, der durch überraschende Wendungen überzeugt

Das Gerücht - Lesley Kara

Das Gerücht
von Lesley Kara

Bewertet mit 5 Sternen

Joanna zieht mit ihrem kleinen Sohn Alfie von London zurück in ihren idyllischen Heimatort. Da ihre Mutter dort lebt, kann Alfie seine Großmutter oft sehen und Joanna braucht kein schlechtes Gewissen zu haben, wenn sie in dem kleinen Maklerbüro, in dem sie eine Halbtagsstelle ergattern konnte, mal etwas länger arbeiten muss. Als Joanna Alfie morgens zur Schule bringt, hört sie, dass Sally McGowan, die als Zehnjährige einen jüngeren Spielkameraden umbrachte, mittlerweile unter neuem Namen im Ort leben soll. Der Fall schlug vor Jahrzehnten hohe Wellen und erhitzt noch immer die Gemüter. In einem unbedachten Moment erzählt Joanna das Gehörte in ihrem Buchclub weiter. Sie ahnt nicht, welche Ausmaße das Gerücht annimmt und in welche Gefahr sie dadurch gerät.... 

 

Der überwiegende Teil dieses Romans wird in der Ich-Perspektive, aus der Sicht der Hauptprotagonistin Joanna, geschildert. Dadurch erhält man einen guten Einblick in Joannas Leben und ihren Versuch, in ihrem ehemaligen Heimatort wieder Anschluss zu finden und Alfie so eine unbeschwerte Kindheit zu ermöglichen. Die Charaktere wirken äußerst lebendig. Man kann ihre Handlungen, Gefühle und Gedanken glaubhaft nachvollziehen. Deshalb kann man sich ganz auf Joannas Schilderungen einlassen.

 

Zunächst erscheint alles ziemlich idyllisch und wenig spektakulär. Eine ganz normale Kleinstadt, in der man ruhig und unbesorgt leben kann. Doch leider ändern Klatsch und Tratsch daran schnell etwas, denn als Joanna in ihrem Buchclub weitergibt, was sie auf dem Schulhof aufgeschnappt hat, nimmt das Gerücht ungeahnte Ausmaße an. Es wird spekuliert, wer die damalige Kindermörderin sein könnte und schon bald kommt es nicht nur zu Verdächtigungen, sondern auch zu Übergriffen auf die mutmaßliche Sally McGowan. Joanna wird schnell klar, dass sie selbst nicht ganz unschuldig daran ist, dass das Gerücht sich verbreitet und ungeahnte Ausmaße annimmt. Und irgendjemand scheint genau zu wissen, dass Joanna etwas mit der Verbreitung des Gerüchts zu tun hat. Durch die verwendete Ich-Perspektive erlebt man hautnah mit, wie Joanna langsam in Panik verfällt. Genau wie sie selbst, weiß man schon bald nicht mehr, was man glauben soll und welche Konsequenzen das Gerücht nach sich ziehen wird. Dadurch schleicht sich eine angespannte Atmosphäre zwischen die Zeilen, die dafür sorgt, dass man in den Sog der Ereignisse gerät. Man folgt bereitwillig den Spuren, die die Autorin ausgelegt hat, um festzustellen, dass es doch anders sein könnte. Deshalb ist man hin- und hergerissen und wird durch einige Wendungen überrascht. Zum Ende hin spitzen sich die Ereignisse dramatisch zu, sodass man das Buch erst aus der Hand legen kann, wenn man am Ende angekommen ist. 

 

Ein spannungsgeladener Roman, der durch überraschende Wendungen punktet und zeigt, was ein unbedacht ausgesprochener Satz bewirken kann.