Rezension

Spannungsgeladenes Meisterwerk

Der unsichtbare Freund - Stephen Chbosky

Der unsichtbare Freund
von Stephen Chbosky

Bewertet mit 4.5 Sternen

"Der Tod kommt! Der Tod ist hier! Wir sterben am Weihnachtstag!" (Zitat aus dem Hardcover, S. 727-728)

Wieder einmal sind Christopher und seine Mutter auf der Flucht vor einem ihrer gewalttätigen Freunde und suchen sich einen Ort weit fernab um neu beginnen zu können. Nach einem schleppenden Start in der kleinen Stadt Mill Grove, werden Christopher und seine Mutter fortlaufend vom Glück geküsst und es könnte nicht besser laufen, bis Chris eines Tages spurlos verschwindet und nach sechs Tagen wiederkehrt, jedoch ohne Erinnerung. Auf einmal besitzt er übernatürlich Fähigkeiten und hat eine Mission, die er entschlossen angeht. Doch schnell wendet sich das Blatt und plötzlich befindet sich die ganze Stadt im Krieg gegen übermächtige Gegner, die nicht einmal auf dieser Seite der Welt leben. Die einzige Hoffnung: Christopher und die endlose Liebe seiner Mutter...

Das Buch ist mit stolzen 910 Seiten ein wahrer Klopper und so dauerte es eine Weile, bis ich mich in der Geschichte zurecht gefunden habe und bis sie sich entfaltete. Der Schreibstil ist auf das Wesentliche fokussiert und nicht ausschweifend. Dadurch kommt keine Langeweile auf, wenngleich es viele Nebenstränge gibt, die irgendwie alle miteinander und dem Hauptstrang zusammenhängen. Die Geschichte wird aus Perspektive verschiedener Personen der Stadt geschildert, allen voran Christopher. Dadurch und Dank der zahlreichen Nebenschauplätze, entsteht eine höhere Komplexität der Geschichte und die Auswirkungen der übernatürlichen Mächte werden eindrucksvoller und prägnanter dargestellt.

Nach Christophers Verschwinden geht es richtig los und die fantastischen Elemente nehmen überhand, während die meisten Menschen der Stadt von nichts wissen. Einzig eine ältere Frau hat Einblicke in die "andere Seite der Welt" und warnt die anderen, wird dabei allerdings nur belächelt und als Spinnerin bezeichnet. Das Spannungsniveau ist gleichmäßig hoch und meine zahlreichen Fragen nahmen immer weiter zu. Es bleiben so viele Geheimnisse im Verborgenen, dass ich gar nicht aufhören konnte zu lesen und alle sofort wissen wollte. Ständig gibt es neue, unerwartete Wendungen, die den Ausgang der Geschichte so ungewiss machen. Aufgrund der Länge des Buches passiert so viel, dass schnell der Überblick verloren gehen kann und auch viele Vermutungen meinerseits widerlegt wurden oder sich gänzlich auflösten, da es neue Erkenntnisse gab. Bis zum Ende hin spitzt sich die Situation so eklatant zu, dass das, was dort geschieht, an unfassbaren Irrsinn grenzt und es auch ist. Wahnsinn wie der Autor eine so grandiose, vielschichtige und unglaublich komplexe Geschichte aus so vielen kleinen Charakteren, Schauplätzen und Handlungen basteln konnte, ohne den Überblick über das große Ganze zu verlieren.

Die religiösen Aspekte sind wunderbar in die Geschichte eingeflochten und passen gut zu den übersinnlichen und fantastischen Elementen. Sie geben den Handlungen eine größere Tiefe und den passenden "Touch". In diesem Zusammenhang stehen auch die sich wiederholenden Schlüsselsätze, die vor allem auf religiöse Hintergründe (Gott, Jesus) anspielen, sodass ich einige Vermutungen zu dem "Bösen" der Geschichte hatte, die nicht eindeutig aufgelöst werden, allerdings gibt es eindeutige Hinweise darauf.

Verständlicherweise kann angezweifelt werden, inwiefern die Handlungen realistisch sind und all die Taten von dem 7-jährigen Christopher. Da es sich jedoch um eine wilde Mischung aus Thriller, Horror, Fantasy und Mystery handelt, liegt der Schwerpunkt ohnehin nicht auf realistischen Aktionen.

Fazit: Ein unfassbar tolles Buch mit einer wahnsinnigen, eindrucksvollen Geschichte, die jeden hinters Licht führen wird und mit den Lesern spielt. Manchmal hätte es etwas aufregender und schneller sein können, da zwischendurch doch einige Längen auftauchen, die zwar interessant, aber nicht unbedingt spannend sind. Absolute Empfehlung!