Rezension

Spannungstechnisch ist noch Luft nach oben…

Der Teufel von New York - Lyndsay Faye

Der Teufel von New York
von Lyndsay Faye

Zum Inhalt: Der historische Thriller der Autorin Lyndsay Faye spielt im Jahr 1845 in New York, als die Stadt gerade begann, über die Südspitze der Insel Manhattan herauszuwachsen. Die Zeit, als die Straßen von New York von rivalisierenden Gangs und Horden marodierender Straßenschweine bevölkert waren. In dieser Zeit wurde die New Yorker Polizei, unterstützt von den Mitgliedern der Demokratischen Partei, aber abgelehnt von einem Großteil der New Yorker Bürger, gerade neu gegründet.

Der Protagonist Timothy Wilde, der nach dem frühen Tod seiner Eltern schon in jungen Jahren lernen musste, sich durchs Leben zu schlagen, steht nach einem großen Brand, der ihn um seine Wohnung, seine Ersparnisse und sogar seinen Job bringt, vor dem Nichts. Nur aus diesem Grund nimmt er den Job, den sein Bruder Valentine ihm bei der soeben gegründeten New Yorker Polizei an. Bei dieser handelt es sich um kaum mehr als einen wilden Haufen teils eher zwielichtiger Gestalten, die dem Berufstand aus den unterschiedlichsten Motiven beigetreten sind. Als Timothy nachts ein Mädchen in einem blutverschmierten Nachthemd auf New Yorks dunklen Straßen in die  Arme läuft, beginnt sein rasanter Aufstieg vom Streifenpolizisten zum Hauptermittler im ersten spektakulären Fall der New Yorker Polizeigeschichte. Schnell ist klar, dass die Kleine von einem furchtbaren Geheimnis weiß….

Eigene Meinung: “Der Teufel von New York“ beinhaltet für mich vieles, was ein gut geschriebenes Buch mit historischem Hintergrund ausmacht. Die Geschichte bindet eine Reihe historischer Ereignisse und Personen ein, die im historischen Nachwort auch kurz beleuchtet werden. Ein großer Schwerpunkt liegt auf den durchweg gut recherchierten und lebensnah dargestellten politischen und gesellschaftlichen Konflikten im New York des 19. Jahrhundert. Der Schmelztiegel New York dient als Zufluchtsort tausender Einwanderer, unter denen die Iren die größte, und vermutlich daher auch umstrittenste Gruppe bilden. Es herrscht eine angespannte Stimmung zwischen den Iren katholischer Konfession und den amerikanischen Protestanten, die ihre bürgerliche und religiöse Freiheit gegen den Vormarsch des „Papismus“ zu verteidigen glauben müssen. Die Mitglieder der Demokratischen Partei stehen den irischen Zuwanderern nahe, die mit den Demokraten verbündete und von ihnen wesentlich geförderte Polizei ist dadurch in der Bevölkerung umso umstrittener.

Vor diesem Hintergrund zeichnet die Autorin den Handlungsstang über eine Mordserie, deren Opfer ausschließlich irische Kinder sind.

Während mir die gut dargestellten und sorgfältig recherchierten historischen Hintergründe sehr gut gefallen haben -  die aufgeheizte Stimmung im Melting Pot New York ist sehr gut eingefangen – leidet darunter jedoch gleichzeitig die Thriller-Komponente der Handlung. Die Spannung, die ein gut geschriebener Thriller erzeugen sollte, baut sich über weite Teile des Buches leider nur schleppend auf und wird immer wieder durch den starken Fokus auf die politische und gesellschaftliche Situation abgewürgt. Hier scheint es, als sei der Kompromiss zwischen historischer Handlung und Thriller nicht gut gelungen.

Zum Schreibstil: Diesen kann ich hier sehr lobend erwähnen. Das Buch ist sehr angenehm zu lesen, und an einigen Stellen blitzt eine durchaus humorvolle Schilderung der Charaktere und Begebenheiten hervor. Die Figuren sind super gezeichnet, so dass man sie sich bildlich vorstellen kann. Besonders ins Herz geschlossen habe ich dabei den erfahrenen Wachmann und Polizisten Mr. Piest, dessen Äußeres Timothy an einen Krebs erinnert. „Mr. Piest stand in seiner ganzen seltsamen Krustentierpracht an der Spitze einer Einheit von Polizisten - ...“ Diese und ähnlich bildhafte Schilderungen haben mich trotz der seitenweise etwas schleppenden Handlung tief in die Geschichte eintauchen lassen und mich immer wieder zum Schmunzeln gebracht.

Fazit: ein passabler erster Auftakt der Serie um Timothy Wilde, die dem Leser die geschilderte Zeit sehr nahe bringt, aber spannungstechnisch noch deutlich Luft nach oben lässt!