Rezension

’Special Agent‘ Atlee Pine rettet die Welt

Ausgezählt - David Baldacci

Ausgezählt
von David Baldacci

Bewertet mit 4.5 Sternen

Allein die Informationen auf dem Buchumschlag außen und innen lassen auf uneingeschränktes Lesevergnügen schließen, auf einen Genussthriller oder auch Thrillergenuss.

Bereits das erste Kapitel mit der Beschreibung des härtesten Gefängnisses der USA, deren Insassen und der einzelgängerischen 36jährigen FBI-Agentin ’Special Agent‘ Atlee Pine lassen den Leser eine unerbittliche Wirklichkeit erahnen. Sie ist auf der Suche nach Mercy, ihrer Zwillingsschwester, „Long Road To Mercy“ der englische Originaltitel. Atlee Pine glaubt, dass der Serienmörder Tor vor fast 30 Jahren ihre Schwester entführt und getötet hat. 

Pine hat ein Tattoo „No Mercy“, klar ist, dass Mercy ihre Schwester gemeint ist, aber „no mercy“ heißt auch „Keine Gnade“ und könnte das Motto für Pine sein: Keine Gnade für den Entführer/Mörder ihrer Schwester und suchen bis sie ihn zur Strecke bringen kann.

Special Agent Pine sitzt in Arizona in einem EINMANN-Büro mit der Sekretärin Blum, ist für den Grand Canyon zuständig und wird deshalb zu einem aufgeschlitzten Maultier gerufen, den dazugehörigen Reiter/Mann kann die Polizei und Pine nicht finden. Der vermisste Mann war nicht der als den er sich ausgegeben hatte. Pins investigative Instinkte sind geweckt.

Nachdem Pines Auto mit zwei Männern an Bord von der Straße abgedrängt wurde, die beiden Männer von einem Army-Helikopter „abgeholt“ und Pine erst im Krankenhaus aufwacht startet sie ihre Recherche; doch die Unfallstelle wurde „aufgeräumt“. Pine wird in einen zweiwöchigen Urlaub geschickt, der Beginn ihres Roadtrips mit Blum in ihrem Ford Mustang an die Ostküste. 

Von nun an befindet sich der Leser wie in einem langen schwarzen unbeleuchteten Tunnel, in dem nichts zu erkennen ist, außer kleinen Lichtpunkten, die sofort wieder erlöschen, doch wir tasten uns weiter (Leser sind neugierig). Russen, Koreaner, Chinesen und natürlich US-Amerikaner spielen mit im völlig undurchsichtige Politdrama. Einzig Pine ist die Fixgröße, die einer „riesige Verschwörung mit katastrophalen Schäden und globalen Konsequenzen“ auf der Spur ist. Ihrem Instinkt folgend traut sie niemandem.

Pine dachte an den Army-Hubschrauber, der in Arizona gelandet und wenige Minuten später mit den verletzten Priest-Brüdern an Bord weggeflogen war. Und an die beiden Russen in Ben Priests Haus. An die falschen Feds in Simon-Russells-Haus. Und schließlich an Sung Nam Chung, den Koreaner, der als Killer für wechselnde Auftraggeber tätig war. Falls tatsächlich jemand einen Staatsstreich plante, stellte sich die Frage, wer wann wo zuschlagen würde. Und für wen arbeitete Chung? (Seite 304)

Pine ist eine tödliche und Tod bringende Kampfmaschine für viele, die ihr gefährlich zu nahekommen. Sogar einem Muli wird der Bauch aufgeschlitzt.

Baldacci liebt als US-Amerikaner „seinen“ Grand Canyon voll Stolz. Die detaillierten Skizzen des Grand Canyons, der Seitencanyons, der Trails und der gesamten Infrastruktur, der Flora und Fauna bei Tag und Nacht sind sehr beeindruckend. Was könnte es spannenderes geben als in den Tiefen des Canyons bei Nacht auf unbekannten Pfaden allein zu durchforsten – auf der Suche nach der Atombombe – wissend, dass noch andere „dunkle“ Gestalten sich dort herumtreiben, von denen Atlee Pine nicht weis, ob sie Freunde oder Feinde sind. 

Im finalen Showdown kann Pine die „Welt retten“, bekommt eine neue Büroeinrichtung was impliziert, dass sie ihren geliebten Job als Special Agent behalten kann – was sonst, kommt doch in Bälde „Atlee Pine #2.“

Nach einem vielversprechenden Beginn folgt mit dem Mittelteil an der Ostküste fast eine Krimi-Klamotte: Wer? wie? was? warum? Ungläubig lesen und schmunzeln. Aber ein Fest für Verschwörungsfanatiker und Politfantasten. Der Schluss entschädigt (den seriösen Leser) mit der Grand Canyon-Episode und dem Finale in Atlee Pines Büro.