Rezension

Speziell!

Es ist immer so schön mit dir
von Heinz Strunk

Bewertet mit 3 Sternen

Er ist ein Mittvierziger der in einer soliden Beziehung steckt, gerne kocht, irgendwann mal als Musiker halbwegs berühmt war, aber die Karriereträume schon längst für einen realistischen Job begraben hat. Er ist nicht unzufrieden mit seinem Leben aber es könnte auch besser sein, irgendwie.

Dieses „besser“ manifestiert sich dann in Form der bildhübschen angehenden Schauspielerin Vanessa. 20 Jahre jünger aber tatsächlich an ihm interessiert. Zwar haben sie nichts gemeinsam aber trotzdem stürzen sie sich in eine – ja, was – Beziehung? Da ist er sich selbst nicht so sicher. Lieber nicht nachfragen, einfach machen.

Es ist sehr unangenehm über diese Partnerschaft zu lesen, die schon von Anfang an katastrophal zum Scheitern verurteilt ist. Unsere namenlose Hauptfigur ist sich dessen auch bewusst aber die Frau macht ihn nunmal total heiß. Auch wenn der Satz „ich kann nicht mehr“ exponentiell häufiger fällt, als „ich liebe dich“. Was man falsch machen kann in einer Beziehung: Die beiden sind dabei! „Trennt euch, um Gottes willen!“ will man ihnen durchgehend zurufen. Hier fiebert man nicht dem ersten Kuss entgegen, sondern betet um eine baldige Trennung.

Dieses Unbequeme, die Qual der beiden verzweifelt Liebenden, ist vom Strunk exakt so gewollt. Auch die Popliteratur-mäßige, oft derbe, manchmal treffend witzige, manchmal wirre Sprache ist gewollt. Vielleicht war mir das insgesamt zu viel des Wollens. Es steckten zwar auch Wahrheiten über Beziehungen, Scheitern und menschliche Dummheiten in diesem Roman aber so geballt wirkte es auf mich eher unnatürlich. Zu überspitzt um wahrhaftig zu sein. Der Erzähler zu abgefuckt und seine Geliebte zu kaputt um echt zu wirken. Zu viel Alkohol, zu viel Sex.

Es war nicht schön, es war nicht immer realistisch, es war eine Spur drüber. Aber wirklich schlecht war es letztlich auch nicht. Am Ende habe ich mich irgendwie rangehört. Auch wenn ich den Anfang furchtbar fand. Vielleicht hat mich hier Strunks spezieller Erzählstil überrollt. Wahrscheinlich ist es genau diese „Spur drüber“ in allen Aspekten des Romans, die dann doch einen gewissen Reiz hatte.

Kommentare

wandagreen kommentierte am 25. August 2021 um 22:09

Gefällt mir. Wohl nichts für mich. Die Juries haben immer wieder was übrig für Texte, die drüber sind. Die Eroberung Amerikas ist das ja auch, wenn auch ganz anders.
 

katzenminze kommentierte am 26. August 2021 um 12:56

Auf Die Eroberung bin ich besonders gespannt! Ich würde es gerne hören, mal sehen ob ich es irgendwo finde.

Ich hoffe, den Strunk liest bald noch jemand aus unserer Runde. :D Bestimmt wird es vernichtende Rezensionen geben.