Rezension

Sprache und Gewalt

Als wir Schwäne waren -

Als wir Schwäne waren
von Behzad Karim Khani

Ein Junge flieht mit den Eltern aus dem Iran nach Deutschland. Er ist 9 Jahre alt zum Zeitpunkt der Flucht. Kohl ist noch Kanzler. Die Eltern können ihren Beruf, für den sie ein abgeschlossenes Studium haben in Deutschland nicht ausüben.
Die Geschichte des Jungen wird in kurzen Episoden erzählt, diese werden nach und nach in meinem Kopf zu einem Mosaik, nicht vollständig, aber ich kann das Bild erkennen.
Eine Kindheit und Jugend, in der man ohne selbst Gewalt auszuüben nicht weiterkommt.  Eine Kindheit und Jugend voller Ausländerhass, Angst und Unverständnis dieser seltsamen Kultur gegenüber.
Sehr schöne Szenen, wenn die gesamte Familie über einen deutschen Begriff diskutiert und versucht ihn in Gänze zu ergründen. Deutsche Redewendungen stehen in diesem Buch immer wieder auf dem Prüfstein. Ein Land „Wo <Du bist Gast hier!> eine Drohung ist.
Der Stil ist poetisch anmutend. Der Inhalt hart. Auch für mich, weil ich ja eine dieser Deutschen bin, die es anderen so schwer macht.
Thematisiert wird auch der Schulalltag. Die Hölle des Völkerballs, die Unsicherheiten der Pubertät, die Ausgrenzung aufgrund der falschen Klamotten. Dabei ist der Erzähler selbst kein Unschuldslamm oder ständiges Opfer. Dabei hilft ihm die Ausblendung von Emotionen „Gefühleanhalten wird zu meiner neuen Superkraft“.

Es gibt ein Kapitel, in dem er mit seinem Vater über Schwäne spricht. Dieses Bild wenden sie auch auf sich selbst, in ihrer Rolle als heimatlose Flüchtlinge an. Wobei sie ja eigentlich eine Heimat haben, zumindest die Eltern. Es ist nur unerträglich dort zu leben.

Der ganze Roman ist eine Auseinandersetzung mit dem Vater, der irgendwann dieses Deutschland wieder verlässt. Das Buch ist ein Brief an ihn, der die Entscheidung des Sohnes für die Gestaltung das weiteren Lebens erklärt. So ist es am Ende das Gegenteil von einer Liebeserklärung für Deutschland, aber immerhin für die deutsche Sprache. Ist ja schon mal was. Und sprachgewaltig ist dieses Buch.
Ich frage mich jetzt nur, warum ich „Hund Wolf Schakal“ von Behzad Karim Khani immer noch nicht gelesen habe.